Hier findet ihr ausgewählte Texte und Grafiken aus unserer Öffentlichkeitsarbeit – stets politisch relevant, immer aktuell, meistens kritisch. Aber lest selbst!
Hinweis: Die Beiträge sind in chronologischer Reihenfolge von unten nach oben gelistet. Ganz oben findet ihr stets den aktuellsten Beitrag.
05. Dezember 2022
Was tun gegen Hass im Netz?
Das Internet ist voll von Hass. Aber: Dagegen seid Ihr nicht machtlos! Welche Möglichkeiten es gibt, Euch und andere zu schützen und wie Ihr Hass im Netz begegnen könnt, mögliche Straftaten erkennt oder Hass-Postings entfernen lassen könnt, das haben wir Euch in unserem neuen Video zusammengefasst. Schaut mal rein! Mehr Infos findet Ihr zudem bei anwalt.org! Falls ihr bei einem konkreten Fall, der euch oder andere betrifft, Anzeige erstatten wollt, könnt ihr das bei der jeweiligen Internetwache eures Bundeslandes machen.
19. November 2022
Rechten Terror bekämpfen heißt die Betroffenen sehen und ernst nehmen!
Leider sehen die Erfahrungen Betroffener mit Polizei und Justiz oft anders aus. Viele Betroffene rechtsextremer Gewalt fühlen sich weder gesehen noch ernst genommen. Das hat viele Gründe:
Ermittlungen mit zu häufig eingestellt, z. B. mit der Begründung, dass nicht genug öffentliches Interesse an der Aufklärung besteht
Jahrelanges Warten auf die Eröffnung einer Hauptverhandlung führt teilweise zu weitgehender Straffreiheit rechter Gewalttäter, so geschehen in Cottbus, wo die Justiz Betroffene rechter und rassistischer Gewalt im Stich gelassen hat.
Ein Problem auch: Richter*innen und Staatsanwält*innen erkennen Rassismus nicht!
Es gibt viele soziale und rechtliche Hürden, die eigenen Rechte als Opfer einer Straftat geltend machen zu können. Beispiel: Abschiebung von Geflüchteten, die zuvor von Rechtsextremen zusammengeschlagen wurden
Das alles führt zu einer sekundärer Viktimisierung. Das heißt: Opfer rechtsextremer Straftaten werden durch die Fehlreaktionen der Ermittlungsbehörden zum zweiten Mal zu Opfern gemacht.
Wir wollen aber schauen, was Betroffene brauchen: Empathie und Anerkennung, dass es sich um eine rassistische oder antisemitische Tat handelt, sensible Kommunikation über ihre Rechte und Verfahrensabläufe, Weitergabe von Informationen, wo sie Hilfe bekommen können und dass sie das Recht auf eine Nebenklage im Prozess haben.
Die juristische Aufarbeitung von rechtsextremen Gewalttaten hat einen sehr großen Einfluss darauf, wie Opfer die Tat verarbeiten können und auf die Verhinderung von sekundärer Viktimisierung. Sensibilisierte Jurist*innen sind deshalb von großer Bedeutung!
Daran arbeiten wir: Kommt zur Ringvorlesung Justiz und Rechtsextremismus – für Jura Studierende und natürlich auch für alle anderen Interessierten.
Foto: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag_CC BY-NC 2.0
09. November 2022
Wir erinnern an die Pogromnacht 1938!
„Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen.“ Dieses Zitat stammt von Primo Levi, einem Auschwitzüberlebenden, der sein Leben der Erinnerung an den Holocaust widmete. Wir teilen diese Sorge und setzen uns dafür ein, dass das Grauen des Holocausts niemals in Vergessenheit geraten wird.
Heute erinnern wir an die Pogromnacht 1938. In der Nacht vom 9. auf den 10. November wurden 267 Synagogen in Deutschland, Österreich und im Sudetenland zerstört, über 7.000 jüdische Geschäfte verwüstet und in den folgenden Tagen 30.000 Jüd:innen in Konzentrationslager deportiert. Mehr als 1.300 Jüd:innen starben in dieser Nacht, die Verfolgung und Ausgrenzung jüdischen Lebens in Deutschland erreichte einen neuen Tiefpunkt. Das Pogrom war aber nur ein Vorgeschmack, auf das, was noch kommen sollte: Nur wenige Jahre später sollte dann die industriell organisierte Ermordung von Jüd:innen, von Sinti*zze und Rom*nja und anderen Gruppen beginnen.
Für uns ist die Pogromnacht eine Warnung: Sie zeigt nicht nur deutlich den Vernichtungswahn des NS-Regimes, sondern auch die Enthemmung der sogenannten bürgerlichen Mitte und den Zerfall der Gesellschaft insgesamt, die nicht mehr willens war, zu widersprechen, Widerstand zu leisten und die Verfolgten zu schützen!
Antisemitismus existiert weiterhin und ist auch jetzt gerade wieder eine erschreckend reale Bedrohung. Wir erinnern heute an die Pogromnacht von 1938, um den Opfern zu gedenken und um zu zeigen, wie wichtig es ist sich gegen Antisemitismus zu positionieren.
Lasst uns zusammen Gesicht zeigen und deutlich machen: Keine Toleranz gegenüber Antisemitismus!
24. Oktober 2022
Rechtsextremismus bei der Polizei!
Immer wieder wird in den Medien über rechtsextreme Verdachtsfälle in den Reihen der Polizei gesprochen. So häufig, dass man nur schwer von Einzelfällen sprechen kann. Drei Beispiele: 2017-22 gab es bei den Behörden der Länder 319 Verdachtsfälle (Polizei, LKA, VS). 2017 wurde das „Nordkreuz“-Netzwerk aufgedeckt, in dem Polizist:innen und Soldat:innen Waffen und Munition für einen „Tag X“ gehortet haben. Und seit 2018 wurden immer wieder pesönliche Daten von Betroffenen rechter Gewalt von Polizeicomputern abgerufen, um diese unter dem Absender „NSU 2.0“ zu bedrohen.
Dies führt dazu, dass Taten nicht aufgeklärt werden, Ermittlungen im Sande verlaufen und Straftäter*innen aus den eigenen Reihen gedeckt werden. Die Opfer rechtsextremer Gewalt fühlen sich nicht sicher oder melden Straftaten und Übergriffe erst gar nicht. Rechtsextremismus bei der Polizei ist aber nicht nur ein Problem für die direkt Betroffenen, sondern hat Konsequenzen für uns alle – denn rechtsextreme Straftaten werden nur ungenügend verfolgt und die Gewalttäter:innen bleiben ohne Konsequenzen!
Foto: Kai Schwerdt (CC BY-NC 2.0)
17. September 2022
Wir erinnern an das Pogrom von Hoyerswerda!
Voller Hass und Rassismus – die Ausschreitungen im sächsischen Hoyerswerda sind Tiefpunkt einer Serie von rechtsextremen Gewalttaten in den 1990er-Jahren. Sieben Tage griffen im September 1991 fast 500 Menschen ein Vertragsarbeiterwohnheim und eine Flüchtlingsunterkunft an. Die Polizei, überfordert und schlecht ausgerüstet, schaute größtenteils zu und ließ den Mob gewähren.
Betroffene des Pogroms haben immer gesagt, dass sie viele von denen, die dabei waren, persönlich kannten! Sie kannten die Angreifer*innen, weil es ihre Nachbar*innen oder Kolleg*innen im Betrieb waren! Hand in Hand griffen diese zusammen mit organisierten Nazis ihre vietnamesischen und mosambikanischen Mitmenschen an, grölten ausländerfeindliche Parolen und warfen mit Steinen und Molotowcocktails. Hunderte Schaulustige jubelten ihnen zu.
Nach dem Versagen der Polizei sahen die Behörden keinen anderen Ausweg als die Betroffenen aus der Stadt zu evakuieren. In der rechten Bubble wurde Hoyerswerda im Anschluss als erste „ausländerfreie“ Stadt bezeichnet. Eine Zäsur für Deutschland! Und gleichzeitig die verhängnisvolle Botschaft, dass es eindeutig an staatlichem Schutz für Flüchtlinge und Arbeitsmigrant*innen mangelte.
Wie blicken Menschen, die die rassistischen Pogrome damals erlebt haben, heute auf Hoyerswerda zurück? Ein erschütterndes Interview mit Samuel Nkumi, der die grausame Gewalt damals vor 31 Jahren miterlebte, findet ihr mit dem Link in unserer Bio.
Foto: Doris Antony (CC BY-SA 4.0)
10. August 2022
Wir erinnern an das Pogrom in Erfurt 1975!
Rassismus, Rechtsextremismus und Pogrome. All das gab es schon vor der Welle der Gewalt in den 1990er Jahren, all das gab es in beiden deutschen Staaten, auch in der ehemaligen DDR. Die Gewalt von Hoyerswerda oder die Angriffe in Rostock-Lichtenhagen, sie entstanden nicht im luftleeren Raum. Vielmehr gibt es historische Kontinuitäten. Nur sind die Pogrome in der ehemaligen DDR kaum Bestandteil des öffentlichen Bewusstseins.
Wir erinnern deshalb heute an das erste Pogrom auf deutschem Boden nach 1945: Zwischen dem 10. und 13. August 1975 wurden algerische Vertragsarbeiter*innen immer wieder von einem mit Eisenstangen und Holzlatten bewaffneten Mob durch die Straßen gejagt. Zuvor war behauptet worden, dass zwei bis zehn Deutsche von Algerier*innen ermordet worden wären. Die Losung “Schlagt die Algerier tot” machte die Runde und nur unter Polizeischutz konnten die Angegriffenen flüchten; die Attacken hatten den Charakter von Lynchjustiz.
Die Attacken von Erfurt zeigen deutlich, dass unter der Fassade von Antifaschismus und Völkerverständigung Rassismus in der ehemaligen DDR nie entschieden problematisiert oder gar bekämpft worden ist und Raum hatte, sich auszubreiten. Ein Problem, das fortbesteht. Ein spannendes Interview über Rassismus und Neonazismus im Osten mit dem Historiker Harry Waibel findet Ihr in der Bio!
Foto: Sludge G (CC BY-SA 2.0)
21. Juli 2022
Wir erinnern an Utøya, Oslo und München!
Morgen jähren sich gleich zwei grausame Terroranschläge. Am 22. Juli 2011 zündete der norwegischer Rechtsextremist Anders Breivik eine Autobombe im Osloer Regierungsviertel und tötete 8 Menschen. Anschließend ermordete er innerhalb von 90 Minuten auf der Ferieninsel Utøya weitere 69 junge Menschen. Die Opfer waren vornehmlich Kinder und Jugendliche, die an einem Feriencamp der sozialdemokratischen Arbeiterpartei teilnahmen. Sie werden nie vergessen sein.
Der Terror erschütterte Norwegen bis ins Mark. Damit aber nicht genug: Am gleichen Tag, aber 5 Jahre später, animierte der Terroranschlag in Norwegen einen 18-jährigen rechtsextremen Attentäter dazu, im Münchner Olympia-Einkaufszentrum 9 Menschen zu ermorden. Die Opfer hatte er zuvor in das Einkaufszentrum gelockt. Sie alle waren People of Color, die meisten noch Teenager.
Ihre Namen:
🕯 Armela Segashi (14 Jahre)
🕯 Selçuk Kılıç (15 Jahre)
🕯 Can Leyla (14 Jahre)
🕯 Sabina Sulaj (14 Jahre)
🕯 Giuliano Josef Kollmann (19 Jahre)
🕯 Janos Roberto Rafael (15 Jahre)
🕯 Dijamant Zabërgja (20 Jahre)
🕯 Sevda Dağ (45 Jahre)
🕯 Chousein Daitzik (17 Jahre)
Das gemeinsame Motiv beider Attentäter: rassistischer und rechtsextremer Hass. Wenn Ihr morgen in München seid, dann geht zum Trauermarsch für die Ermordeten:
14:30 bis 16:30 Uhr Trauermarsch
Ab 17 Uhr Gedenken am OEZ
Mehr Infos findet Ihr unter www.muenchen-erinnern.de
18. Juli 2022
It’s the economy, stupid!
Die Verantwortung der Wirtschaft beim Kampf gegen Rechtsextremismus
Menschenfeindliche Ideologien wie Rassismus und Antisemitismus sind Herausforderungen, denen wir uns gesamtgesellschaftlich widmen müssen. Ein Bereich unserer Gesellschaft hat diesen Kampf bislang nicht aufgenommen: Die Wirtschaft. Am 29.06.2022 diskutierten unsere Podiumsgäste, wie wir das ändern können.
Die Expert*innen: Bettina Kohlrausch, Soziologin, Hans-Böckler-Stiftung, Johannes Kiess, Soziologe, Else-Frenkel-Brunswik-Institut, Andreas Audretsch, MdB, Die Grünen, Achim Dercks, stellv. Hauptgeschäftsführer, DIHK.
Was hat Demokratiefeindlichkeit mit Erwerbstätigkeit zu tun?
In einleitenden Impulsen erkundeten Bettina Kohlrausch und Johannes Kiess die Zusammenhänge zwischen Arbeit und Demokratiefeindlichkeit. Die Arbeitswelt trägt einen relevanten Teil dazu bei, (anti-)demokratische Einstellungen entweder zu fördern oder zu bekämpfen. Erwerbsarbeit beeinflusst, wie stark Menschen Ideologien der Ungleichwertigkeit, Verschwörungsmythen oder autoritären Denkmustern anhängen. Dies geschieht in zweifacher Hinsicht: Erstens macht es einen relevanten Unterschied für antidemokratische Einstellungen, ob jemand arbeitet. Eine nicht gelungene Integration in den Arbeitsmarkt fördert Abstiegsängste und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass Menschen sich zu Verschwörungsdenken und abwertenden Ideologien hingezogen fühlen. Zweitens macht die Qualität der Arbeit selbst einen Unterschied in Bezug auf die Anfälligkeit für Rechtsextremismus: Wer sich in einem (sicheren) Arbeitsverhältnis befindet, kann Solidarität, Selbstwirksamkeit und Anerkennung erfahren. Die Bereitschaft, rechtsextremen Einstellungen zuzustimmen, sinkt – und zwar in allen Dimensionen eines rechtsextremen Weltbilds. Das Ergebnis: Positive Erfahrungen in der Arbeitswelt schützen vor autoritären Denkmustern.
Rechtsextremismus vor’s Werkstor verbannen – aber wie?
„Wir müssen endlich verstehen, dass wir die größte Zeit des Wachlebens im Betrieb verbringen, und gemeinsam handeln“, mit diesem Appell an die Wirtschaft leitet Achim Dercks die Diskussion ein. Alles andere wäre fahrlässig, ein warnendes Beispiel ist der Nachbar Frankreich, wo Betriebsräte in Teilen schon nach rechts gekippt sind, warnt Andreas Audretsch.
Aber wie finde ich heraus, ob Rechtsextremismus in meinem Betrieb überhaupt ein Problem ist? Wichtig ist die lebensweltliche Perspektive: Die Verantwortlichen, ob in Betriebsräten oder Vorstandsetagen, müssen einen Wertekanon formulieren – und wissen, was Demokratie für sie überhaupt bedeutet. Achim Dercks betont, dass es hierfür wichtig ist, die Themen im Arbeitsalltag zu setzen – und zwar nicht erst dann, wenn der Fachkräftemangel deutlich wird und die Attraktivität des eigenen Unternehmens gesteigert werden soll. Kohlrausch betont, dass in betrieblichen Kontexten sofort öffentlich beurteilt werden muss, wenn Kolleg*innen Grundsätze der Gleichwertigkeit infrage stellen, damit allen klar ist: Dafür ist hier kein Raum. Demokratie sollte praktisch im Betrieb gelebt werden, nicht abends, nebenher oder auf einer von der Praxis losgelösten Weiterbildung.
Rechtsextreme Einflussnahme aus einer Logik der Transformation verstehen
Unsicherheiten wie Pandemie, Krieg, Klimawandel, aber auch Digitalisierungsprozesse können sich negativ auf demokratische Integration auswirken. Deshalb, so Audretsch, ist es umso wichtiger, dass Unternehmen den Vorteil für sich erkennen und sich entsprechend engagieren. Veränderungsprozesse zu gestalten, könne schwierig und überfordernd sein. Im schlimmsten Fall verliert eine Gesellschaft Menschen auf diesem Weg, die dann empfänglich werden für rechte Heilsversprechen. AfD & Co. haben dieses Mobilisierungspotential längst erkannt. Es ist deshalb überfällig, die Wirtschaft in die Pflicht zu nehmen. Audretsch warnt davor, die „Zeichen der Zeit“ zu verkennen und in Verhältnisse wie in Frankreich oder den USA zu geraten, wo solche Entwicklungen seit langem zu beobachten sind und in den vergangenen Jahren im Vormarsch rechtsextremer Parteien und Politiker*innen mündeten. Die Podiumsgäste einigen sich darauf, dass Wirtschaft und Politik hier zusammenarbeiten müssen, denn die Arbeitswelt ist kein von gesellschaftlichen Diskursen losgelöster Raum, sondern relevanter Bereich im Kampf gegen Rechtsextremismus.
11. Juli 2022
Der NSU war nicht zu dritt!
Heute vor 4 Jahren wurde die NSU-Terroristin Beate Zschäpe, einzige überlebende Angehörige der rechten Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU), vom Oberlandesgericht München als Mittäterin zu lebenslanger Haft verurteilt. Die beiden anderen Mitglieder der Gruppe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, wurden 2011 tot in einem ausgebrannten Wohnmobil in Zwickau gefunden.
14 Jahre lang wütete die Nazi-Terrorzelle NSU in Deutschland und ermordete aus rassistischen Motiven 9 Menschen:
Enver Şimşek
Abdurrahim Özüdoğru
Süleyman Taşköprü
Habil Kılıç
Mehmet Turgut
İsmail Yaşar
Theodoros Boulgarides
Mehmet Kubaşık
Halit Yozgat
Wir erinnern an die Opfer und sagen deutlich, es darf kein Vergessen und keinen Schlussstrich geben! Beate Zschäpe mag verurteilt sein, aber der NSU war nicht zu dritt. Die drei Terrorist*innen hätten niemals ohne die Unterstützung aus der rechtsextremen Szene jahrelang morden und untertauchen können. Auch die Rolle von V-Leuten und dem Bundesamt für Verfassungsschutz wurde nie abschließend aufgeklärt. Bis heute wehren sich die Schlapphüte vom Verfassungsschutz gegen eine kritische Aufarbeitung ihrer Rolle beim Aufbau und der Finanzierung rechtsextremer Strukturen, von denen auch der NSU profitierte.
Der Kampf um Gerechtigkeit geht weiter! Gemeinsam stellen wir uns heute und in Zukunft rechtem Terror entgegen. Unteilbar und solidarisch.
Foto: HU Kampa (CC BY-NC 2.0)
27. Mai 2022
Wirklich, BKA?
Jedes Jahr im Mai veröffentlichen das Bundeskriminalamt und das Bundesinnenministerium gemeinsam die Vorjahresstatistik zur politisch motivierten Kriminalität in Deutschland. Und jedes Jahr sollen die Zahlen als Weckruf und als Warnung gelten, dass die Demokratie auch hierzulande ihre Feinde hat und Gewalt gegen Minderheiten leider Alltag ist.
Das Problem ist aber, dass die Statistik die Zahlen einen falschen Eindruck davon liefern, welche Gefahr von rechts außen ausgeht. Während die Zahlen zu politisch motivierter Kriminalität von rechts laut Behörden mehr oder minder stagniert, verzeichnen die Zahlen zu politisch motivierter Kriminalität, die angeblich nicht zuzuordnen sind, einen Anstieg von 147 Prozent. Darunter fallen aber auch Hetze, Gewalt und Mordanschläge durch sogenannte Corona-Leugner*innen bishin zum Tankstellenmord in Idar-Oberstein.
25. März 2022
Warum Rechtsextreme entwaffnet werden müssen!
Deutschen Nazis muss der Zugang zu Waffen, Munition und Schießtraining erschwert werden. Warum? Weil es eben keine Einzelfälle sind!Beispiel Waffenschein: 1.500 Rechtsextreme verfügen laut Bundesregierung über eine Waffenerlaubnis.
Beispiel Nordkreuz: 2017 flog das Netzwerk Nordkreuz auf. Über Jahre haben die Angehörigen des Netzwerks, darunter ehemalige oder aktuelle Soldat:innen, Reservist:innen und Polizist:innen, Waffen und Munition gehortet und Feindeslisten für einen Tag X angelegt.
Beispiel Ukraine: Mindestens 27 deutsche Nazis kämpfen derzeit in der Ukraine. Dort sammeln sie Erfahrungen im Umgang mit Waffen – Erfahrungen, die sie mit nach Deutschland bringen werden.
Halle, Hanau oder der Mord an Walter Lübcke zeigen uns, dass Rechtsextreme ihren Worten Taten folgen lassen und vor Mord nicht zurückschrecken. Dem muss die Bundesregierung endlich einen Riegel vorschieben. Die neuen angekündigten Maßnahmen müssen jetzt auch konsequent umgesetzt werden!
Foto: Kai Schwerdt (CC BY-NC 2.0)
16. März 2022
Rechtsextremismus im Justizsystem bekämpfen: Handlungsempfehlungen für Politik und Justiz
Anlässlich des zweiten Themenhefts “Rechtsextreme im Justizsystem” von Gesicht Zeigen! diskutierten am 22.2.22 Ferat Koçak, Malene Gürgen, Joachim Wagner und Doris Liebscher unter der Überschrift „Rechtsextreme im Justizsystem: Eine Gefahr für die Demokratie?“. Es wurden zentrale Handlungsoptionen aufgezeigt und konkrete Forderungen gestellt.
Auch wenn rechte Netzwerke in Sicherheits- und Justizbehörden in den vergangenen Monaten deutlicher als zuvor im Fokus der Öffentlichkeit standen, die Verantwortlichen in Politik oder Justiz tun sich bisher schwer, mit rechtsextremen Umtrieben angemessen umzugehen.
Das zeigt beispielhaft der zu Beginn der Diskussion von den Podiumsgästen bewertete Fall Jens Maier:
Was bedeutet es, wenn rechtsextreme Richter Recht sprechen? Zunächst ist daran zu erinnern, dass rechtsextreme Richter wie Jens Maier nur eine Dimension der unzureichenden Strafverfolgung rechter Gewalttaten sind. Indem ihre Taten nicht konsequent verfolgt werden, werden Täter*innen generell geschützt, gestärkt und ermutigt. Dies belegen die zahlreichen Erfahrungen Betroffener in den letzten Jahrzehnten im Kontext der Ermittlung und strafrechtlichen Verfolgung rechter Gewalttaten.
Ferat Koçak weiß davon als Betroffener zu berichten:
Der Politiker (Linke) war Ziel eines Brandanschlags im Kontext der rechtsterroristischen Anschlagsserie in Neukölln in Berlin, die mittlerweile angesichts der verschleppenden bis ausbleibenden Aufklärungsarbeit seitens der Strafverfolgungs- und Justizbehörden als „Komplex“ bezeichnet werden muss, die Verwicklungen in die Neonazi-Szene lassen sich bis in die 1990er Jahre zurückverfolgen. Der Umgang der Behörden mit dem Neukölln-Komplex steht beispielhaft für das Versagen der Justiz nicht zuletzt in Bezug auf eigene Verstrickungen in die Fälle selbst – und das auch zehn Jahre nach der Selbstenttarnung des „NSU“. Sichtbar gemacht wurde dies bisher allein durch eine unermüdliche Zivilgesellschaft, erinnert Malene Gürgen.
Die Retraumatisierung Betroffener und der völlige Vertrauensverlust in die Sicherheitsinstitutionen sind die Folge, verstärkt durch die rassistische Kriminalisierung der Opfer etwa durch racial profiling, betont Koçak. Wenn wir über rechtsextreme Personen im Justizsystem sprechen, müssen wir deshalb immer auch die Realitäten eines von struktureller Diskriminierung geprägten Systems in den Blick nehmen. Der alleinige Fokus auf Rechtsextremismus genügt nicht, so Doris Liebscher. In den Justizbehörden werden solche strukturellen Ermöglichungsstrukturen bisher aber kaum diskutiert.
Was es bedeutet, wenn Rechtsextreme im Justizsystem auf eine solche Umgebung treffen, zeigt beispielhaft der Fall Andreas Höfer:
Der Verwaltungsrichter aus Gießen hatte 2019 in seinem Urteil zur Klage der NPD gegen die Entfernung eines Wahlplakats mit dem Slogan „Stoppt die Invasion: Migration tötet! Widerstand jetzt“ die eigene rassistische Hetze ausgebreitet, indem er seine Ansicht ausführlich begründet, der Spruch sei nicht volksverhetzend, sondern objektiv beweisbar. Neben der gefährlichen Tatsache, dass Richter wie Höfer über Asylfragen entscheiden, zeigt sich eine weitere Problematik im Kontext rechter Umtriebe im Justizsystem: Der Richter bezieht sich sowohl im Urteil selbst als auch in seiner Reaktion auf Kritik am Urteil auf die freiheitlich demokratische Grundordnung (fdGO) und macht sich damit – teilweise offenbar erfolgreich – unangreifbar gegenüber dem Vorwurf, selbst zum rechtsextremen Spektrum zu gehören. Eine solche Politisierung der Rechtsprechung in Einzelfällen wird von den Verantwortlichen unterschätzt – aktuell sichtbar etwa an den Richter*innen, die Verfahren im Kontext der Covid-19-Pandemie als politische Bühne nutzen – und zeigt zudem, wie schwierig rechte Richter im Justizsystem haftbar zu machen sind, so Joachim Wagner.
Laut Doris Liebscher verweist der Fall Höfer darüber hinaus auf ein Kernproblem der Justiz: Der Vorwurf des Rechtsextremismus wird zurückgewiesen, hier mit dem Verweis des Justizbeamten auf die fdGO. Infolgedessen findet keinerlei Auseinandersetzung mit Rassismus und Antisemitismus unterhalb dieser Schwelle statt. Diese wäre jedoch dringend nötig, um strukturelle Probleme im Justizsystem zu erkennen und es gegen rechte Jurist*innen, eine rechte Rechtsprechung und eine rassistische Ermittlungspraxis zu immunisieren.
Handlungsempfehlungen
Die Fallbeispiele und der Versuch eines Überblicks struktureller Probleme im Justizsystem zeigen, dass es mit dem Entfernen einzelner Rechtsextremer aus dem Dienst nicht getan wäre. Entsprechend formulieren die Podiumsgäste Kernforderungen im Sinne einer konsequenten und diskriminierungskritischen Strafverfolgung, die das bestehende Recht anwendet:
- Vertrauen in die Justizbehörden kann nur dann aufgebaut werden, wenn rechte Straftaten konsequent verfolgt werden. Die Betroffenen müssen gehört und unterstützt und die Zivilgesellschaft in ihrer Arbeit gestärkt werden.
- Das bestehende Recht ist in großen Teilen ausreichend, um rechte Gewalt zu ahnden. Um seine konsequente Anwendung sicherzustellen, braucht es jedoch politischen Veränderungswillen, z.B. hinsichtlich der Ernennung der Generalbundesanwaltschaft.
- In Bezug auf die Jurist*innenausbildung braucht es eine Gesetzesänderung: Dekolonialismus, Antirassismus und Antidiskriminierung sowie weitere Themenschwerpunkte (NS-Justiz), die für eine rassismuskritische Strafverfolgungspraxis unabdingbar sind, müssen in das Curriculum aufgenommen werden.
- In den Justizbehörden sind strukturelle Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehören unabhängige Beschwerde- und Anlaufstellen für Personen, die von rechter Gewalt, Rassismus und Antisemitismus betroffen sind sowie ein klares Bekenntnis der Behörden zu diskriminierungskritischem Handeln, beginnend bspw. mit einer Übernahme diskriminierungskritischer Aspekte in das eigene Leitbild.
- Vor dem Hintergrund einer bisher unzureichenden Verfolgung rechter Gewalttaten muss die Einstellungspraxis der Justizbehörden einer grundlegenden Überprüfung unterzogen und überarbeitet werden. Dazu gehört auch eine Diversifizierung des Personals.
- Zentral bleibt außerdem weiterhin, sogenannte Einzelfälle ebenso wie rechte Netzwerke in den Justiz- und Sicherheitsbehörden auf bundesweite Zusammenhänge zu prüfen, strafrechtlich zu verfolgen und zu zerschlagen.
02. März 2022
Entnazifizierung?!
Russlands Machthaber Putin spricht davon, einen „Völkermord“ verhindern und die Ukraine mit seinem Krieg „von Nazis befreien“ zu wollen. Wir erklären Euch, wie seine Propagandalügen funktionieren, welche Ziele Putin damit verfolgt und wie er mit seiner Rhetorik den Holocaust relativiert.
Putins Lügen!
Putins Propagandamär von der Entnazifizierung verfolgt ein klares Ziel: Die Ukraine soll das von Nazis kontrolliertes Land dargestellt werden, dass die eigene Bevölkerung unterdrückt. Die Ukraine wird vom Opfer zum Täter. Putin baut dabei auf ein historisches Feindbild auf und nutzt für seine Propaganda die Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg, in der die Sowjetunion den Faschismus besiegt hat.
Realitäts-Check
Ein kleiner Realitäts-Check hilft, um Klarheit zu bekommen: Beispielsweise ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj jüdisch, vier seiner Familienmitglieder wurden im Holocaust ermordet. Echte Nazis gibt es natürlich auch in der Ukraine. So wie auch im übrigen Europa. Aber: Bei den Wahlen 2019 rechtsextreme Parteien in der Ukraine massiv an Zustimmung.
Putin pflegt zudem ein Feindbild: freie, demokratische und plurale Gesellschaften. Das teilt er übrigens mit der AfD und Nazis in Frankreich, Ungarn oder Italien. Mit ihnen pflegt er enge Kontakte.
Fake News erkennen!
Um russische Fake News zu erkennen, hilft es zu überprüfen, woher Deine Informationen kommen. Gerade im Krieg sind unabhängige Informationen oft schwer zu bekommen. Überprüfe, ob Deine Quelle seriös nach journalistischen oder wissenschaftlichen Standards arbeitet. Mit der Google-Bildersuche kannst Du zudem herausfinden, ob und wo ein bestimmtes Bild schon einmal verwendet worden ist. Beiträge Dritter kannst Du zusätzlich auch bei sozialen Netzwerken überprüfen lassen. Oder Du kommentierst mögliche Fake News und zeigst anderen Deine Zweifel am Wahrheitsgehalt.
Mehr Informationen:
Aktuelle Nachrichten zum Krieg gegen die Ukraine findest Du bei allen großen öffentlich-rechtlichen Medienanstalten, beispielsweise ARD und ZDF. Auf der Plattform dekoder.org findest Du spannende Hintergrundinfos zur Ukraine, Belarus und Russland. Und die Aktivist:innen von Vitsche Berlin gehören zu den vielen Freiwilligen, die Hilfe für die Menschen in der Ukraine organisieren.
Foto: Mir09info (CC BY-SA 4.0)
02. September 2021
TW: Sexualisierte Gewalt
Im US-Bundesstaat Texas sind ab sofort fast alle Schwangerschaftsabbrüche gesetzlich verboten: ab bereits der sechsten Schwangerschaftswoche und selbst wenn die Schwangerschaft aufgrund sexualisierter Gewalt wie Vergewaltigung oder Inzest entstanden ist. Das besonders Perfide daran: „Für die Durchsetzung der Regeln sind nicht die Behörden verantwortlich, sondern ‚ausschließlich‘ Bürgerinnen und Bürger. Diese werden ermutigt, Zivilklagen gegen Abtreibungskliniken oder deren Beschäftigte einzureichen, die gegen die Vorgaben verstoßen. Im Fall einer Verurteilung erhalten die Kläger mindestens 10.000 Dollar, die vom Verurteilten zu zahlen sind.“ (via DIE ZEIT)
Wir sind zutiefst schockiert von dieser beschämenden Aufrechterhaltung patriarchaler Machtstrukturen und stehen in Solidarität mit allen Betroffenen sexistischer Gesetzesregelungen weltweit! Der eigene Körper und die Entscheidung darüber ist und bleibt Privatsache. Keine Schwangerschaft darf ihn zum Gegenstand öffentlicher Debatten machen, denn um es in den Worten der verstorbenen US-Richterin Ruth Bader Ginsburg zu sagen:
„Die Entscheidung, ob ein Kind geboren werden soll oder nicht, ist von zentraler Bedeutung für das Leben einer Frau, für ihr Wohlergehen und ihre Würde. Es ist eine Entscheidung, die sie selbst treffen muss. Wenn die Regierung diese Entscheidung für sie kontrolliert, wird sie als weniger wert behandelt als ein erwachsener Mensch, der für seine eigenen Entscheidungen verantwortlich ist.“
Mit der Illegalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen wird den Menschen mit Uterus ihre Autonomie genommen. Im Umkehrschluss sind es Menschen mit Uterus, die über sie, ihre Körper und ihr Leben bestimmen (und im Fall von Texas evtl. sogar davon noch reich werden). Die sogenannte rapeculture, Antifeminismus, Machochismus und Sexismus werden so in unserer Gesellschaft normalisiert und bestätigt. #metoo lässt grüßen.
DAS DARF SO NICHT SEIN! Wir kämpfen deshalb weiter: gegen das Patriarchat – für Gleichberechtigung, Selbstbestimmung & eine solidarische, feministische Gesellschaft! ✊🏳️🌈🧡
Text & Grafik: Julia Kandzia
26. August 2021
Heute vor drei Jahren begannen im sächsischen Chemnitz die gewalttätigen Ausschreitungen eines rechtsextremen Mobs gegen Migrant*innen, Gegendemonstrierende, die Presse und Polizei. Vor allem am 26. und 27. August zog die wütende, rassistische Meute am Rande des Chemnitzer Stadtfests durch die Straßen der Stadt und attackierte gezielt Menschen, die ihnen nicht „deutsch“ genug aussahen. Eine regelrechte Hetzjagd auf BPOC begann, zu denen sich – wie Recherchen von NDR, Süddeutsche Zeitung und WDR nun zeigten – die Rassist*innen vorher in Chats und sozialen Medien verabredet hatten.
Die Reaktion in Politik und Medien: Fassungslosigkeit. Doch war wirklich jemand so richtig überrascht? Denn vor den gefährlichen Folgen der rassistischen Brandstifter*innen von Pegida, #noafd und Co in sozialen Netzwerken, warnen Expert*innen aus NGOs und Zivilgesellschaft bereits seit sehr, sehr langer Zeit. Es hört uns nur leider niemand zu.
Auch auf den Straßen von Chemnitz entlud sich dann vor drei Jahren dieser lang geschürte Hass, an dem die organisierte Rechte schon so lange zündelt. Und der Rechtsstaat? Hat an diesen Tagen aufgegeben. Überfordert und in der Unterzahl nämlich, stehen die wenigen Polizist*innen dem tobenden Mob gegenüber – und lassen die gewaltbereiten Rechtsextremen gewähren. BPOC, Gegendemonstrant*innen, Journalist*innen und Passant*innen fliehen teilweise in Todesangst vor dem unkontrollierten Mob. Nur knapp kann die Polizei die vielen gefährlichen Situationen in diesen Tagen in letzter Sekunde deeskalieren.
Unter dem Motto #wirsindmehr findet als Reaktion auf die Ausschreitungen eine Woche später ein kostenloses Konzert statt, zu dem spontan mehr als 65.000 Menschen aus ganz Deutschland anreisen: In Solidarität mit den Betroffenen von Rassismus und als klares Zeichen gegen Rechtsextremismus, rechte Hetze und menschenverachtende Gewalt! ✊🧡💯 Auch wir waren am 3. September vor Ort und hatten einige Gänsehautmomente. Doch wir wissen auch: ein Konzert ist noch lange nicht genug! Wir müssen alle täglich aufstehen, solidarisch sein und Gesicht zeigen – gegen Rassismus, gegen Nazis, für uns alle!
Text & Grafik: Julia Kandzia
22. August 2021
Nicht für ein paar Minuten, nicht für ein paar Stunden – nein: für vier ganze Tage hielten die rassistischen Angriffe im August 1992 auf das Wohnheim für Asylbewerber*innen und die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber*innen im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen an. Als ein „Volksfest der Gewalt“ betitelt die Bundeszentrale für politische Bildung diesen Pogrom, an dem sich tausende Anwohner*innen aktiv beteiligten: ob mit rechtsextremen Parolen, tätlichen Angriffen mit Steinen und Brandsätzen oder tosendem Applaus für die gewaltbereiten Randalierer*innen.
Die Rostocker Polizei – überfordert und nicht vorbereitet – knickte vor dem tobenden Mob ein und zog sich komplett zurück, statt die bedrohten Menschen zu beschützen. Sie waren auf sich allein gestellt, während draußen sogar Imbissstände (!) aufgebaut wurden, die die rassistischen Angreifer*innen mit Essen versorgten. Auf dem Gipfel der Ausschreitungen, am 24. August ’92, stürmte die Menge schließlich das Wohnheim, legte Feuer und hinterließ eine Spur der Verwüstung. Die vorwiegend vietnamesischen Bewohner*innen sowie ein Fernsehteam des ZDF konnten – in Todesangst – nur durch einen Zufall ins Nachbarhaus entkommen. Der Mob skandierte derweil ungestört „Wir kriegen euch alle.“
Das Fazit aus diesen ungeheurlichen Angriffen der Politik damals: die Begrenzung der Zuwanderung durch Einschränkung des Asylrechts – dem sogenannten Asylkompromiss von 1992. (Der momentan von CDU und #noafd gern skandierte Satz „2015 darf sich nicht wiederholen“ lässt grüßen…)
Alles, was damals in Rostock Lichtenhagen geschah, ist kaum vorstellbar, unfassbar beschämend und zutiefst schockierend. Wir solidarisieren uns mit allen Betroffenen und Überlebenden rassistischer Gewalt und fordern eine proaktive, ermahnende, konsequente Antirassismuspolitik – denn so etwas darf nie, niemals wieder passieren!
Alle gemeinsam müssen wir zeigen: nicht mit uns. Nie wieder. Kein Vergessen. ✊
Text & Grafik: Julia Kandzia
20. August 2021
„Danke für eure neue Lieferung, true fruit smoothies. Die AfD-Flaschen haben wir aber nicht bestellt, die gehen wieder zurück!“ 🔁
Trinkt ihr manchmal Smoothies? Und wenn ja, auch die vom viel diskutierten Hersteller true fruits smoothies, der auch vor rassistischer und sexistischer Werbung nicht zurückschreckt? 🤢 Dieser „Saftladen“ jedenfalls hat im Zuge des Wahlkampfes eine Smoothie-Serie rausgebracht, auf deren Ettiketten die Wahlprogramme von sechs Parteien abgedruckt sind, u.a. auch das der #noafd. Die Supermarktkette Edeka aber, schickte die „braunen Flaschen“ zurück – versehen mit dem Kommentar „Rechts ist bei uns kein Platz im Regal“ 🙌😍👌💯✊🥳
Für diese nice Aktion küren wir Edeka spontan zur Gesichtzeigern des Monats und danken 🧡-lichst für diese klippundklare Positionierung gegen Rechts! 🏆 Und wo wir schon dabei sind: #noAfD-Flaschen kann keine*r irgendwo gebrauchen – und schon gar nicht im Bundestag! Deshalb am 26. September: #wählengegenrechts ❌
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UPDATE: Wir wurden darauf aufmerksam, dass unsere frisch gekürte Gesichtzeigerin des Monats Edeka es leider trotz zahlreicher Aufforderungen bisher ablehnt, sich kritisch mit der eigenen Kolonialgeschichte auseinandersetzen. Das finden wir mehr als bedauernswert und fordern die Einzelhandelskette dazu auf, das dringend endlich nachzuholen! Die öffentlichkeitswirksame PR-Aktion gegen die #noafd ist zwar stark, konsequent & glaubhaft seid ihr aber nur, wenn ihr auch selbstkritisch in die eigenen Regale & Reihen schaut.
Text & Grafik: Julia Kandzia
19. August 2021
14 Jahre lang wütete die Nazi-Terrorzelle NSU in Deutschland und ermordete aus rassistischen Motiven 9 Menschen:
Enver Şimşek
Abdurrahim Özüdoğru
Süleyman Taşköprü
Habil Kılıç
Mehmet Turgut
İsmail Yaşar
Theodoros Boulgarides
Mehmet Kubaşık
Halit Yozgat
#keinvergessen 🕯
Nach einem mehr als 5 Jahre andauernden Mammutverfahren, verurteilte das Oberlandesgericht München am 11. Juli 2018 die einzige Überlebende des NSU-Trios – Beate Zschäpe – als Mittäterin zu lebenslanger Haft – obwohl es die Beweislage offen ließ, ob sie selbst an einem der vielen Tatorte anwesend gewesen war. Die Terroristin hatte deshalb im Anschluss Revision gegen das Urteil eingereicht. Dieses wurde jedoch heute vom Bundesgerichtshof (BGH) verworfen. Die lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe und die festgestellte besondere Schuldschwere bleiben demnach bestehen.
Atmet ihr gerade erleichtert durch? Wir auch. Dennoch: Die rassistische Ideologie und rechtsradikalen Abgründe unserer Gesellschaft sind mit dem Niedergang des NSU nicht verschwunden. Im Gegenteil steigen die Zahlen rechtsextremer Gewalttaten, Aktivist*innen, Politiker*innen und Journalist*innen werden im Namen des „NSU 2.0“ bedroht und angegriffen, Rassismus wird immer offener auf der Straße, im Bekanntenkreis und den Medien gezeigt und die rechtsextreme Partei #noafd sitzt schon seit viel zu langer Zeit in viel zu vielen Parlamenten unseres Landes.
Die Machenschaften der Rechten sind eiskalt, ihre Strategien schonungslos, ihre Alliierten mächtig und ihre Anhänger*innen gefährlich.
Insbesonere vor den Wahlen heißt es deshalb für uns alle: unbedingt die Augen, Ohren und Herzen offen halten, füreinander da sein, aufeinander aufpassen und Gesicht zeigen! Gemeinsam und stark stellen wir uns dem Rechtsruck in unserer Gesellschaft entgegen! Solidarisch, intersektional, #unteilbar 🧡
Text & Grafik: Julia Kandzia
15. August 2021
Afghanistan.
Eine weitere, menschengemachte, unfassbare Katastrophe, die jeglichem Verständnis, jeglicher Logik, jeglicher Humanität entbehrt. Das Land und seine Menschen wurden im Stich gelassen. Eiskalt. Es ist kaum vorstellbar, was sie durchmachen müssen, welche Todesängste ihr Leben in den aktuellen Stunden bestimmen und was für ein furchtbares Chaos vor Ort herrschen muss.
Unsere Gedanken sind bei allen Afghan*innen vor Ort und weltweit 🖤❤️💚 Bei den Frauenrechtler*innen, den Ortskräften, den Kindern, den Menschenrechtsaktivist*innen, den queeren und Trans-Personen, den alten Menschen und den Männern, den FLINTA*, den Journalist*innen und all denjenigen, die im Namen der Demokratie und Freiheit jetzt aufgrund der dilettantischen, menschenverachtenden, beschämenden Politik des Westens und der dadurch möglich gemachten Übernahme der Taliban in Todesgefahr sind.
Und wir fordern inständig (!) die sofortige Evakuierung aller Menschen, die deshalb nun aus ihrer Heimat flüchten müssen! Ihr Überleben ist unsere Verantwortung. #leavenoonebehind. Sofort.
Text & Grafik: Julia Kandzia
13. August 2021
„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“ Dass diese Behauptung des damaligen DDR-Staatsratvorsitzenden Walter Ulbrich während einer internationalen Pressekonferenz eine glatte Lüge war, zeigte sich am frühen Morgen des 13. August 1961 in brutaler Realität: In ganz Berlin wurden die Sektorgrenzen der DDR durch Sicherheitskräfte abgeriegelt, Betonpfähle und Stacheldraht verteilt, die Übergänge versperrt und die Stadt – und ihre Bewohner*innen – in zwei Hälften geteilt: Ost- und West-Berlin 💔
S- und U-Bahnlinien waren auf einmal unterbrochen, Straßenpflaster aufgerissen, Fenster zugemauert, Tunnel geflutet und Menschen auseinandergerissen. Um die vielen Fluchtversuche am Tag des Mauerbaus (und auch danach) zu unterbinden, wurde der Einsatz von Schusswaffen – der sogenannte „Schießbefehl“ – in Fällen des „ungesetzlichen Grenzübertritts“ durch DDR-Grenzsoldaten auf flüchtende Personen erteilt.
Der Grund für den Mauerbau waren u.a. die massiven „Republikfluchten“ zwischen 1945 und 1961, bei denen bis zu 2,8 Millionen Menschen ihre Heimat in der DDR verließen. Mit dem Bau der Mauer und der Verschärfung des Grenzregimes auch außerhalb Berlins sollte diese Abwanderung der Bevölkerung gestoppt werden.
Bis ins Jahr 1989 zog sich die Berliner Mauer mitten durch die Stadt – durch Wohnhäuser, Parks, Friedhöfe, U-Bahnschächte, Straßen, Kanäle und die Spree – und mehr als 28 Jahre lang war sie Schauplatz unzähliger Schicksale. Zwischen 136 und 245 Menschen kamen an der Berliner Mauer oder im Zusammenhang mit dem DDR-Grenzregime ums Leben.
Doch auch die Mauer konnte die Sehnsucht nach Freiheit der DDR-Bürger*innen nicht stoppen und die Massenkundebungen der Bevölkerung sowie ihr Ruf nach mehr Reisefreiheit führten am 09. November 1989 zunächst zur Öffnung und schließlich zum Fall der Berliner Mauer ✊ „Der Drang nach Freiheit, der einst zum Bau der Mauer führte, sollte sie später auch wieder zu Fall bringen“, schreibt der Leiter der #ZDF-Redaktion Zeitgeschichte Stefan Brauburger 🧡
In Berlin wird an über 300 Orten an dieses denkwürdige Datum erinnert und den Opfern der Berliner Mauer gedacht. Alle Infos hierzu findet ihr beim 👉 @museumsportal.
Text & Grafik: Julia Kandzia
11. August 2021
Wusstet ihr, dass der 11. August in den USA offiziell als #HipHopCelebrationDay gefeiert wird? Und zwar, weil eine Party in der South Bronx, New York heute vor 48 Jahren als Geburtsstunde des HipHop gilt 🕺
Was das mit Gesicht zeigen zu tun hat? Sehr viel! Denn HipHop ist seit jeher eine wichtige Form des politischen Protests gegen Rassismus – ursprünglich insbesondere in der afroamerikanischen Musikszene und mittlerweile weltweit. In ihren teilweise weltberühmten Tracks verarbeiten die Rapper*innen die vielen diskriminierenden Erlebnisse ihres Alltags, erzählen von ihren Träumen und Hoffnungen, thematisieren historische Ereignisse wie den weltweiten Sklavenhandel sowie die auch heute noch vielerorts systemisch rassistische Polizeigewalt und stellen immer wieder Bezüge zu den vielen Persönlichkeiten und Struggles ihrer Bewegung her – sei es Marthin Luther King, Malcolm X, das Civil Rights Movement oder #BlackLivesMatter ✊🏿✊🏼✊🏾✊🏻
Für letzteres wurde HipHop zu einer Art Soundtrack, der die massiven weltweiten Protestbewegungen noch weiter anfeuerte, motivierte und immer wieder Trost spendet. Kendrick Lamars Track „Alright“ z.B., der sowohl der afroamerikanischen Community Support spendete als auch eine kritische Botschaft an die US-Regierung und die weiße Mehrheitsgesellschaft enthält. Oder Beyonces Song „Freedom“. NWAs „Fuck da Police“. „Fight the Power“ von Public Enemy. KRS Ones „Sound of da Police“. Oder „FDF“ des Wiener Rappers T-Ser. Beispiele gibt es jedenfalls genug und wir lieben den HipHop dafür! 🧡
Dass es aber auch in dieser Szene Schattenseiten gibt und der HipHop selbst nicht vor Diskriminierung und Unterdrückung gefeit ist, macht z.B. die aktuelle Debatte um #deutschrapmetoo deutlich, die dem expliziten Sexismus, sexualisierter Gewalt und wiederholten Machtmissbrauch innerhalb der Deutschrapbranche den Kampf ansagt. Aber auch wegen homophober Texte, Antisemitismus, kultureller Aneignung oder Rassismus werden Teile der Szene immer wieder kritisiert.
Nice Beispiele im deutschen HipHop haben wir aber natürlich auch für euch 👉 Megaloh, Sookee, Amewu, Sammy Delux, Joy Denalane, Chefket oder die hoe_mis sind nur einige wenige davon.
Wen feiert ihr?
Text & Grafik: Julia Kandzia
09. August 2021
Heute vor einem Jahr, am 9. August 2020, ließ sich der langjährige weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko erneut zum Sieger der Präsidentschaftswahl erklären – trotz gewaltiger landesweiter Massenproteste der Demokratiebewegung und mit diversen umstrittenen Methoden, wegen der seine vermeintliche Wiederwahl international vielfach gar nicht anerkannt wird.







Ein Jahr nach der umstrittenen Wahl hat sie Europa einen Brief geschrieben, der heute bei ZEIT ONLINE veröffentlicht wurde. Wir senden ihr und allen unermüdlichen Kämpfer*innen für die Demokratie – in Belarus und überall sonst – viel Kraft, Liebe und grenzenlose Solidarität!
Text & Grafik: Julia Kandzia
02. August 2021
Heute ist der europäische Gedenktag für die Opfer des Völkermords an Rom*nja und Sinti*zze. Er erinnert jedes Jahr an die vielen Sinti*zze und Rom*nja, die von den Nationalsozialist*innen – zusätzlich zu den sechs Millionen Jüdinnen, Juden und anderen Minderheiten – in Konzentrations- und Vernichtungslagern getötet wurden. Warum gerade heute? Vor 77 Jahren, in der Nacht auf den 03. August 1944, ermordeten SS-Angehörige im Lager von Auschwitz-Birkenau in kürzester Zeit – und trotz verzweifelter Gegenwehr – über 4.000 verbliebene Sinti*zze und Rom*nja-Gefangene in Gaskammern. Darunter waren vor allem als „arbeitsunfähig“ geltende Kinder, Frauen und ältere Menschen.
Die Gedenkfeier an die bei der „Liquidierung“ des damals sogenannten „Z***lagers“ ermordeten Menschen findet aufgrund der Coronapandemie auch dieses Jahr wieder online statt 👉 www.roma-sinti-holocaust-memorial-day.eu. Ehrengästin ist übrigens die 97-jährige Zeitzeugin und Überlebende Zilli Schmidt.
Doch wie ist der Stand für die Community heute? Nicht allzu gut, wie neben dem Vorsitzenden des Zentralrats Deutscher Sinti*zze und Rom*nja, Romani Rose, heute im Interview mit dem Deutschlandfunk auch viele Aktivist*innen und NGOs immer wieder beklagen. In den meisten EU-Ländern werden Sinti*zze und Rom*nja immernoch unterdrückt, ausgegrenzt und stigmatisiert. Auch in Deutschland ist der Antiziganismus noch immer tief in der Gesellschaft verwurzelt – die beschämdende Debatte über die sogenannte Z***-Soße lässt grüßen.
Unmöglich? Finden wir auch! Deshalb (nicht nur) heute Gesicht zeigen – für SintIzze, für RomNja, für uns alle! 🧡
Text & Grafik: Julia Kandzia
29. Juli 2021
Jede*r hat das Recht auf Flucht. Egal ob aufgrund der Religion, der politischen Überzeugung, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe, der Nationalität oder sexuellen Orientierung – niemand darf mit einer „begründeten Furcht vor Verfolgung“ zurückgewiesen werden. So wurde es zumindest gestern vor 70 Jahren – am 28. Juli 1951 – in der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) festgelegt.
Die GFK – verabschiedet kurz nach Ende der beiden verheerenden Weltkriege – war eines der ersten Menschenrechtsabkommen der Vereinten Nationen … und wird von der Nobelpreisträgerin EU zunehmend mit Füßen getreten.
❌ Illegale Pushbacks im Mittelmeer.
❌ Unrechtmäßige und teilweise gewaltsame Zurückweisungen in den kroatisch-bosnischen und türkisch-griechischen Grenzgebieten sowie in Melilla, Ceuta und vielen anderen Orten.
❌ Die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettungsmissionen wie @seawatchcrew, @missionlifeline oder @seaeye_org.
❌ Die Finanzierung von unmenschligen Lagern oder Zäunen an den Außengrenzen.
❌ Das Wegschauen bei – bzw. die Unterstützung von – illegalen Machenschaften der lybischen Küstenwache.
❌ Das Ignorieren und Aufschieben von Notrufen sinkender Schiffe.
❌ Die Weigerung zur Aufnahme von Menschen aus den Lagern, trotz der expliziten Aufnahmebereitschaft zahlreicher Städte und Kommunen, die sagen #wirhabenplatz.
❌ Die konsequente, eiskalte Verleugnung fundamentaler Menschenrechte von Menschen auf der Flucht.
Was in der GFK einst in internationalem Konsens beschlossen wurde, scheint lange vergessen.
Die „Festung Europa“ – verantwortlich für tausende Menschenleben – hat ihr Recht auf Feiern schon lange verwirkt. Allerhöchste Zeit für sie, ihren Pflichten endlich nachzukommen!!1!
Text & Grafik: Julia Kandzia
23. Juli 2021
Alles Einzelfälle? Laut einer in dieser Woche veröffentlichten Statistik des Berliner Senats registrierte die Polizei in Berlin zwischen den Jahren 2018 und 2020 insgesamt 6.309 Kriminalfälle mit einem politisch rechten Motiv. Allein dieses Jahr kam es in der Hauptstadt bereits zu 766 rechten Straftaten (Stand 05. Juli 2021).
Volksverhetzung, Beleidigungen, Sachbeschädigung, Körperverletzung, Totschlag. Rechtsextreme Ideologien sind brandgefährlich. Ihre Anhänger*innen sind auch in einer weltoffenen Stadt wie Berlin vertreten und treiben hier ihr Unwesen. Sie sind teilweise unberechenbar und oft Wiederholungstäter*innen, sie bedrohen aktiv Menschen(leben), verbreiten ihren Hass mal subversiv, mal ganz offen und schlagen zu, wenn sich ihnen die Gelegenheit bietet – leider immer häufiger wieder im wahrsten Sinne des Wortes.
Umso wichtiger ist es, dass wir als solidarische und weltoffene Stadtgesellschaft zeigen: nicht mit uns! Viele Bündnisse wie @berlingegennazis, die @omasgegenrechts.berlin, das @bbgegenrechts, der @berliner_ratschlag, die @offenegesellschaft oder das @buendnisnk (uvm!) sind schon seit vielen Jahren aktiv und unermüdlich dabei – und wir lieben es 🧡 An Balkonen hängen Solibanner, an den Häusern prangen Messages à la #fcknzs und auch viele Clubs, Bars, Theater, Läden und sonstige Einrichtungen sagen klar: bei uns ist kein Platz für Nazis.
Doch wer unbedingt nachziehen muss ist … drei Mal dürft ihr raten: die Politik! Es braucht mehr Zahlen, mehr Aufklärung, mehr Unterstützung von Betroffenen und Präventionsarbeit für Kinder, Jugendliche aber auch Erwachsene. Es braucht eine langfristige und ausreichende Finanzierung von Projekten, die sich gegen menschenfeindliche Ideologien und für eine tolerante, solidarische Gesellschaft einsetzen. Und es braucht eine selbstkritische, veränderungsbereite Einstellung von Institutionen wie Polizei, Justiz und Schule, die selbst – leider und noch lange nicht – nicht vor rechtextremen Vorfällen gefeit sind. Es ist Zeit. Und zwar allerhöchste.
Text & Grafik: Julia Kandzia
13. Juli 2021
TW: Rassismus // Gesicht zeigen gegen Rassismus – im Fußball und überall! Die drei Schwarzen Fußballer Marcus Rashford, Bukayo Saka und Jadon Sancho der englischen Nationalmannschaft verschießen im EM-Finale gegen Italien ihre Elfmeter. Als Reaktion ergießt sich eine riesige Welle Hass und rassistischer Beleidigungen über die drei Spieler in den sozialen Netzwerken – dies verurteilen wir zutiefst!
Hier zeigt sich wieder, dass der Respekt gegenüber Schwarzen Fußballer*innen an Erfolg geknüpft ist: Wenn sie zum Gewinn der Mannschaft beitragen, sind sie die Lieblinge der Nation. Doch sobald sie nicht den gewünschten Erfolg bringen oder Fehler machen, werden sie zur Zielscheibe des rassistischen Mobs.
Auch das Wandgemälde von Marcus Rashford in Manchester wurde in Folge des Spiels mit hasserfüllten Kritzeleien beschmiert. Glücklicherweise reagierten die Manchester Fans hier schnell: Sie überklebten die rassistischen Beleidigungen und überdeckten die Wand mit liebevollen und bestärkenden Botschaften an den jungen Fußballstar. #LoveSpeech in Aktion! Wir fordern: Solidarität und Respekt, im Fußball und überall!
Text & Grafik: Sonja Folsche
05. Juli 2021
Schluss mit der Lethargie gegenüber der AfD und ihrer Stiftung! ✊
Ein breites Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen und Träger der politischen Bildung – darunter auch @gesichtzeigen – fordern in einem „Manifest der Zivilgesellschaft“ die Fraktionen im deutschen Bundestag dazu auf, ihre passive Haltung gegenüber Parteien wie der AfD und ihrer Desiderius-Erasmus-Stiftung aufzugeben und aktiv unsere demokratische Werte zu verteidigen. Es wird höchste Zeit ein Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen, welches sicherstellt, dass keine Steuergelder in verfassungsfeindliche Inhalte fließen!
Denn die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung soll seit ihrer Gründung rechtem Gedankengut ein bürgerliches, intellektuelles Antlitz verleihen. Dabei ist ihr Führungspersonal alles andere als bürgerlich: Neben Erika Steinbach und Max Otte tummeln sich sowohl im Vorstand wie auch Kuratorium u.a. Homofeind*innen und Rassentheoretiker*innen, völkische Pseudowissenschaftler*innen und knallharte Rechtsradikale aus dem Umfeld der Identitären Bewegung und des Antaios-Verlags.
Text & Grafik: Sonja Folsche
25. Mai 2021
TW: Rassismus // Heute vor einem Jahr starb George Floyd. Es fühlt sich wie gestern an. Floyd war verdächtigt worden, mit Falschgeld bezahlt zu haben. Vier Polizisten waren an seiner Festnahme beteiligt. Einer von ihnen – der mittlerweile wegen Totschlags verurteilte Derek Chauvin – kniete so lange auf Floyds Hals, bis dieser trotz mehrfacher Hilferufe qualvoll erstickte. Acht Minuten und 46 Sekunden kämpfte Floyd um sein Leben. Gnade gab es von dem weißen Polizisten und seinen Kollegen keine.
Der Satz „I can’t breathe“ wurde deshalb zu einer Art Slogan der anschließenden massenhaften Proteste der #blacklivesmatter-Bewegung – in den USA und weltweit. Allein in Berlin demonstrierten am 6. Juni 2020 mindestens 15.000 Menschen gegen Rassismus. Der Vorfall in den USA löste auch hier in Deutschland (endlich) wichtige Debatten über rassistische Polizeigewalt, Chancen(un)gleichheit, (weiße) Privilegien, Dekolonialisierung sowie strukturellen, institutionellen und Alltagsrassismus aus.
Doch wie viel hat sich seitdem wirklich bewegt in Politik, Schule und den Köpfen der Gesellschaft? Tut sich was oder bleibt alles beim Alten? Wie woke ist Deutschland wirklich?
Was wir selbst tun können, um Rassismus etwas entgegenzusetzen:
🖤 Nicht wegsehen sondern aufmerksam hinsehen, zuhören und uns informieren
🤍 Uns mit Rassismus auseinandersetzen – auch unserem eigenen!
🖤 Sich der eigenen Privilegien bewusst machen > Tipp: Guckt mal bei @tupoka.o oder Peggy McIntosh vorbei, beide haben Beispiele sogenannter „White Privilege“ gesammelt, die euch dabei helfen können!
🤍 Mit anderen über Rassismus sprechen und Bewusstsein dafür schaffen
🖤 Solidarität mit Betroffenen zeigen: im Netz, auf der Straße, im Freundeskreis, dem WhatsApp-Chat, in der U-Bahn, deinem Bücherregal …
🤍 BIPoC-Aktivist*innen unterstützen und sie als Expert*innen für ihre Themen wertschätzen.
Text & Grafik: Julia Kandzia
24. Mai 2021
TW: Suizid // Sie war erst 25 Jahre alt, als Semra Ertan – Tochter sogenannter Gastarbeiter*innen aus der Türkei – sich aus Protest gegen den zunehmenden Rassismus in Deutschland öffentlich selbst verbrannte. Ihre Tat hatte sie zuvor beim @norddeutscherrundfunk angekündigt. Am Morgen des 24. Mai 1982 zündete Semra Ertan sich im Hamburger Stadtteil St. Pauli in aller Öffentlichkeit selbst an. In der Buchpublikation „Mein Name ist Ausländer“ veröffentlichte ihre Familie später einen Teil ihrer Gedichte, Notizen, Briefe und fotografischen Aufnahmen auf Türkisch und Deutsch. In ihm steht auch das folgende Gedichte aus dem Jahr 1981, welches dem Buch seinen Titel verlieh:
Mein Name ist Ausländer
Ich arbeite hier,
Ich weiß, wie ich arbeite,
Ob die Deutschen es auch wissen?
Meine Arbeit ist schwer,
Meine Arbeit ist schmutzig,
Das gefällt mir nicht, sage ich.
„Wenn dir die Arbeit nicht gefällt,
Geh in deine Heimat“, sagen sie.
Meine Arbeit ist schwer,
Meine Arbeit ist schmutzig,
Mein Lohn ist niedrig.
Auch ich zahle Steuern, sage ich.
Ich werde es immer wieder sagen,
Wenn ich immer wieder hören muss:
„Suche dir eine andere Arbeit.“
Aber die Schuld liegt nicht bei den Deutschen,
Liegt nicht bei den Türken.
Die Türkei braucht Devisen,
Deutschland Arbeitskräfte.
Mein Land hat uns nach Deutschland verkauft,
Wie Stiefkinder,
Wie unbrauchbare Menschen.
Aber dennoch braucht sie Devisen,
Braucht sie Ruhe.
Mein Land hat mich nach Deutschland verkauft.
Mein Name ist AUSLÄNDER.
/
Benim adım yabancı
Burada çalışıyor
Nasıl çalıştığımı biliyorum
Almanlar da biliyor
İşim ağır
İşim pis
Beğenmeyince
Söylüyorum
„Beğenmezsen dön vatanına“ diyorlar
İşim ağır
İşim pis
„Ben de vergi veriyorum“ diyorum
Devam edeceğim demeye
Hep böyle duyarsam
„Kendine başka iş ara“
Fakat kabahat Almanlarda değil
Türklerde değil
Türkiye‘nin dövize ihtiyacı vardı
Almanya’nın işçiye
Türkiye bizi Avrupa’ya yolladı
Evlatlık çocuk
Lüzumsuz insan gibi
Her şeye rağmen
İhtiyacı vardı
Dövize, sakinliğe
Türkiye beni yabancı devlete yolladı
İsmim YABANCI oldu
Text & Grafik: Julia Kandzia
23. Mai 2021
Happy Birthday Grundgesetz! Wusstet ihr, dass bei der Abstimmung über das Grundgesetz am 23. Mai 1949 der Andrang von Zuschauer*innen und Presse so groß war, dass zusätzlich Stühle nach draußen vor das geöffnete Fenster der Aula in Bonn gestellt wurden? 61 Männer und (gerade mal) vier Frauen des Parlamentarischen Rates stimmten damals über unsere Verfassung ab, an deren wichtige Artikel 72 Jahre später von Seiten der Zivilgesellschaft, Aktivist*innen oder NGOs leider immernoch viel zu häufig erinnert werden muss.
Gerade in Zeiten von Klimakrise, Flucht, Vertreibung, Corona und steigenden Zahlen antisemitischer und rassistischer Vorfälle, scheint eine Rückbesinnung auf die im Grundgesetz formulierten Rechte aller (!) Menschen deshalb besonders wichtig! In diesem Sinne möchten wir diesen Tag zum Anlass nehmen, dich – liebes Grundgesetz – einerseits gebührend zu feiern, dich hochleben zu lassen und auf dich anzustoßen – denn es ist toll, dass es dich gibt!
Zum anderen möchten wir daran erinnern, dass vor dem Gesetz immernoch manche Menschen gleicher behandelt werden, als andere, die Würde vieler Menschen Tag für Tag verletzt oder in Frage gestellt wird und auch in Deutschland viele Teile der Gesellschaft immernoch nicht frei, selbstbestimmt und in Sicherheit leben können.
Das Grundgesetz ist ein Segen, der nicht selbstverständlich ist und uns – komme was wolle – auf immer erhalten bleibt. Es muss verteidigt werden vor denen, die es anzugreifen oder zu instrumentalisieren versuchen. Deshalb heißt es für uns alle auch weiterhin: Solidarität, Mut und Gesicht zeigen! Für unser Grundgesetz und für eine weltoffene Gesellschaft, in der sich alle (außer Nazis) sicher, frei und wohl fühlen können 🧡
Text & Grafik: Julia Kandzia
17. Mai 2021
Lieb doch, wen du willst! Jährlich am 17. Mai erinnert der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie daran, dass weltweit – und auch in Deutschland – Menschen immernoch ausgegrenzt, bestraft und diskriminiert werden, nur weil sie in ihrer Geschlechteridentität oder sexuellen Orientierung vom heteronormativen Mann-Frau-Bild abweichen.
Zur Geschichte des Tages schreibt @maneo_berlin, das „Schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin“, auf ihrer Website: „Am 17. Mai 1990 beschloss die Generalversammlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) längst Überfälliges: Homosexualität von der Liste psychischer Krankheiten zu streichen. Der 17. Mai wurde daraufhin zum Internationalen Tag gegen Homophobie ausgerufen. Das Europäische Parlament betonte im Januar 2006, dass Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung auf das Schärfste verurteilt wird – eine Kampfansage gegen Homophobie und Hassgewalt, der alle Mitgliedstaaten verpflichtet sind.“
Doch Liebe ist kein Verbrechen, sondern das Schönste, zu dem wir Menschen fähig sind! In diesem Sinne fordern wir mehr davon – egal wer, wie, wen und warum 💖
Text & Grafik: Julia Kandzia
17. Mai 2021
Weil wir es nicht oft genug sagen können: Wir verurteilen jegliche antisemitischen Angriffe auf Menschen oder Einrichtungen – in Deutschland und weltweit! Die fürchterlichen Geschehnisse in Nahost rechtfertigen in keinster Weise gewaltsame Übergriffe auf jüdische Menschen, die lediglich aufgrund ihres Glaubens mit der Situation in Verbindung gebracht und stigmatisiert werden.
Gesicht Zeigen! setzt sich seit der Gründung des Vereins vor 20 Jahren konsequent gegen Antisemitismus, Rassismus, Islamophobie und jegliche gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit ein, die unsere solidarische Gesellschaft angreifen und Menschen auszugrenzen versuchen. Wir sind überzeugt: Gewalt, Hetze und Hass sind niemals eine Lösung für Probleme – so festgefahren und komplex die Gründe dafür auch sein mögen.
Ihr seid (auch) ein bisschen überfordert von den ganzen Infos auf Social Media und fragt euch, was ihr selbst in dieser Situation tun könnt? Das erklärt @brandnewbundestag in einem tollen Post zum Thema (danke dafür! 🧡), den wir euch hier kurz zusammenfassen:
1️⃣ Informiert euch über unterschiedliche Quellen zum Thema und tauscht euch mit Freund*innen über das Geschehen aus.
2️⃣ Reflektiert eure eigene Position und Bezüge, welche ihr zu den Geschehnissen (nicht) habt und erkennt an, welche Bedeutung diese für eure Meinungsbildung haben können.
3️⃣ Fragt nach und versteht, dass Personen mit jüdischem oder palistinänsischem Hintergrund euch weder eine Antwort zur aktuellen Situation schuldig, noch für die Taten der vor Ort agierenden Gruppen verantwortlich sind.
4️⃣ Hört denjenigen Menschen in eurem Umfeld zu, deren Familie, Bekannte oder Freund*innen im betroffenen Gebiet sind und fragt, was ihr gerade für sie tun könnt.
5️⃣ Akzeptiert und respektiert aber auch, dass nicht jede Person sich mit dem Thema auseinandersetzen, positionieren oder eine Meinung dazu haben muss.
6️⃣ Zeigt Gesicht und steht auch weiterhin dazu, dass Hetze, Hass und Diskriminierung aufgrund von Zugehörigkeiten oder Religion niemals (!) okay und konsequent abzulehnen sind. Jetzt, immer und überall! ✊
Text & Grafik: Julia Kandzia
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