Kurzkommentar von Uwe-Karsten Heye zu den fremdenfeindlichen Übergriffen in Mügeln

Immer das gleiche Ritual

Berlin, 21.08.2007

Wieder einmal ist das Erschrecken groß: Acht Menschen, zufällig aus Indien, werden beim Altstadtfest durch Mügeln gehetzt. Wieder einmal ein Bürgermeister, der abwiegelt und zurückweist und mitteilt, dass die Horde der alkoholisierten Täter nicht aus dem anständigen Mügeln kommen könnte, denn dort kenne man sich doch.

Ein sich wiederholendes Ritual bildet sich hier ab. Ein Ritual, das vor allem vermeidet, genauer hinzusehen. So kann weder in Mügeln noch anderswo in den neuen wie in den alten Ländern die Einsicht wachsen: wir haben ein Problem. Mügeln ist ein Beispiel dafür, wohin es führt, wenn das Problem verdrängt wird. Für den Bürgermeister ist klar, in Mügeln gibt es keinen Rechtsextremismus. Daher kann dort unbehelligt wachsen, was sich dann irgendwann entlädt, am liebsten, wenn Alkohol im Spiel ist. Eine solche Gelegenheit ist dann zum Beispiel ein Altstadtfest. 50 bis 70 alkoholisierte und rechtsradikale Sprüche skandierende Jugendliche, die Jagd machen auf alles, was ihnen fremd ist.

Die ostdeutsche Schriftstellerin Christa Wolf lässt Kassandra sagen: „Alles wird sich vor ihren Augen abspielen, und sie werden nichts sehen.“ Es wird Zeit, hinzusehen, wenn sich Extremismus und Rassismus beginnen, breit zu machen. Es wird Zeit, die Ursachen zu sehen und zu bekämpfen. Und das heißt vor allem, die ländlichen Räume nicht weiter kulturell veröden zu lassen, Schulen zu schließen und Jugendclubs dicht zu machen, bis rechtsextreme Parteien das Vakuum füllen, das vor lauter Lokalpatriotismus blinde Bürgermeister und bagatellisierende Politiker entstehen lassen.