Ohne Vergangenheit keine Zukunft

Andenken, erinnern, mahnen – und auch endlich handeln
Auf der Grafik steht: "Der Gesicht Zeigen! Blog!"

Von Peter Ruhenstroth-Bauer 

 Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Soldaten befreit. Bis heute steht Auschwitz für das Unsagbare, den millionenfachen Tod, den der Nationalsozialismus über ganz Europa und die Welt gebracht hat. Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden, aber auch Sinti* und Roma*, Homosexuelle, Behinderte, Kriegsgefangene, politische Gegner*innen. Das war vor 79 Jahren. Wir erinnern und wir gedenken.  

 Jeden Tag hält die Auschwitz-Gedenkstätte in den sozialen Medien die Erinnerung an die Opfer mit der Schilderung eines Schicksals wach. Aus Zahlen werden Lebenswege, die in der Gaskammer endeten. Babys, Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Egal ob jung oder alt- sie geben den Opfern ein Gesicht und halten so das Gedenken an die Millionen Menschen wach. So muss die Vergangenheit immer wieder Thema sein, auch um den Opfern mit einem Gedenken an sie gerecht zu werden. Aber reicht das wirklich aus?  

 Ich glaube, wir werden den Ermordeten so nur zu einem kleinen Teil gerecht. Denn wer sich auf das Gedenken beschränkt, nimmt nicht war, wie die Wirklichkeit heute bei uns aussieht. Seit Jahren wird von Initiativen und Organisationen wie Gesicht Zeigen! darauf hingewiesen, wie der Rechtsextremismus sich in unserer Gesellschaft immer mehr festigt. Mit Leugnung und Relativierung sollen die Verbrechen in der Vergangenheit Stück für Stück abgeschwächt werden. Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Halle, Hanau oder Solingen scheinen komplett verdrängt.  

 Gegenwart 

Wenn am 31. Januar im Bundestag die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi und der Sportjournalist Marcel Reif sprechen, wird den Toten gedacht, aber sicher auch über die Gegenwart gesprochen. Und da geht es dann nicht nur darum, wie sprunghaft die Anschläge auf Jüdinnen und Juden in Deutschland seit dem 7. Oktober gestiegen sind. Die Davidsterne, die über Nacht an die Häuser und Wohnungstüren geschmiert wurden, sind Zeugnisse dieser Entwicklung.  

 Es geht in der Beschreibung der Gegenwart auch um das Treffen von Rechtsextremisten im Landhotel Adlon in Potsdam. Sie haben dort sehr konkret ihre Deportationspläne von Menschen mit und ohne Pass aus Deutschland besprochen. Die Rechercheredaktion Correctiv beschreibt die Teilnehmenden so: „Manche sind Mitglied bei der AfD, ein führender Kopf der Identitären Bewegung ist dabei. Manche sind Burschenschafter, dazu Bürgertum und Mittelstand, Juristen, Politikerinnen, Unternehmer, Ärzte. Auch zwei CDU-Mitglieder sind dabei, Mitglieder der Werteunion.“. Correctiv berichtet, wie das hochrangige AfD-Mitglied, Roland Hartwig, den Teilnehmenden auch vermittelte, den Deportationsplan im Bundesvorstand der AfD vorzustellen. 

 Die nüchterne Aufzählung der Berufe und die klaren Schilderungen aus dem Geheimtreffen machen klar, dass Rechtsextremismus längst mitten unter uns angekommen ist. Und wenn von manchen politischen Entscheider*innen immer noch der vermeintlich relativierende Zungenschlag zu hören ist, in dem man rechtsextrem immer nur mit linksextrem in einer Einheit ansprechen darf, ist die Gegenwart bei diesen noch nicht wirklich angekommen.  

 Zukunft  

Während sich also die Rechtsextremisten im Geheimen trafen, wurde in der bundesdeutschen Öffentlichkeit ein ganz anderes Thema diskutiert: wie kann nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil die 60 Milliarden Euro-Lücke im Bundeshaushalt geschlossen werden? Ja und da wurde ernsthaft alles dafür getan, den Demokratieprojekten, den Initiativen und NGOs, die Aufklärungsarbeit gegen rechts leisten, sowie der mobilen Rechts- und Opferberatung die Finanzierung zu streichen. Aber nicht nur bei Initiativen der Zivilgesellschaft, auch bei der Demokratiearbeit der Bundeszentrale für politische Bildung sollte wegen der gebotenen Einsparungen radikal gekürzt werden. Das war Realität und beschrieb über viele Woche die Zukunft der Aufklärungsarbeit gegen die rechtsextremistischen Demokratiezerstörer in unserem Land. Die Vielen, die jetzt auf den Straßen für Weltoffenheit, Demokratie und Toleranz stehen, machen Mut. Aber der Protest der Zivilgesellschaft reicht nicht aus.  

 Jetzt muss die Politik endlich die Rahmenbedingungen schaffen, um Demokratiearbeit – und ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie nötig sie ist – wirklich auch nachhaltig zu ermöglichen. 

Das sind wir den Opfern aus Auschwitz und allen anderen Mordlagern der Nazis schuldig. Andenken, erinnern, mahnen – und auch endlich handeln. Das ist ihr Vermächtnis, dem wir als Gesellschaft gemeinsam gerecht werden müssen. 

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Ohne Vergangenheit keine Zukunft

Andenken, erinnern, mahnen – und auch endlich handeln
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Von Peter Ruhenstroth-Bauer 

 Am 27. Januar 1945 wurde das Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Soldaten befreit. Bis heute steht Auschwitz für das Unsagbare, den millionenfachen Tod, den der Nationalsozialismus über ganz Europa und die Welt gebracht hat. Millionen ermordeter Jüdinnen und Juden, aber auch Sinti* und Roma*, Homosexuelle, Behinderte, Kriegsgefangene, politische Gegner*innen. Das war vor 79 Jahren. Wir erinnern und wir gedenken.  

 Jeden Tag hält die Auschwitz-Gedenkstätte in den sozialen Medien die Erinnerung an die Opfer mit der Schilderung eines Schicksals wach. Aus Zahlen werden Lebenswege, die in der Gaskammer endeten. Babys, Kinder, Jugendliche, Erwachsene. Egal ob jung oder alt- sie geben den Opfern ein Gesicht und halten so das Gedenken an die Millionen Menschen wach. So muss die Vergangenheit immer wieder Thema sein, auch um den Opfern mit einem Gedenken an sie gerecht zu werden. Aber reicht das wirklich aus?  

 Ich glaube, wir werden den Ermordeten so nur zu einem kleinen Teil gerecht. Denn wer sich auf das Gedenken beschränkt, nimmt nicht war, wie die Wirklichkeit heute bei uns aussieht. Seit Jahren wird von Initiativen und Organisationen wie Gesicht Zeigen! darauf hingewiesen, wie der Rechtsextremismus sich in unserer Gesellschaft immer mehr festigt. Mit Leugnung und Relativierung sollen die Verbrechen in der Vergangenheit Stück für Stück abgeschwächt werden. Rostock-Lichtenhagen, Mölln, Halle, Hanau oder Solingen scheinen komplett verdrängt.  

 Gegenwart 

Wenn am 31. Januar im Bundestag die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi und der Sportjournalist Marcel Reif sprechen, wird den Toten gedacht, aber sicher auch über die Gegenwart gesprochen. Und da geht es dann nicht nur darum, wie sprunghaft die Anschläge auf Jüdinnen und Juden in Deutschland seit dem 7. Oktober gestiegen sind. Die Davidsterne, die über Nacht an die Häuser und Wohnungstüren geschmiert wurden, sind Zeugnisse dieser Entwicklung.  

 Es geht in der Beschreibung der Gegenwart auch um das Treffen von Rechtsextremisten im Landhotel Adlon in Potsdam. Sie haben dort sehr konkret ihre Deportationspläne von Menschen mit und ohne Pass aus Deutschland besprochen. Die Rechercheredaktion Correctiv beschreibt die Teilnehmenden so: „Manche sind Mitglied bei der AfD, ein führender Kopf der Identitären Bewegung ist dabei. Manche sind Burschenschafter, dazu Bürgertum und Mittelstand, Juristen, Politikerinnen, Unternehmer, Ärzte. Auch zwei CDU-Mitglieder sind dabei, Mitglieder der Werteunion.“. Correctiv berichtet, wie das hochrangige AfD-Mitglied, Roland Hartwig, den Teilnehmenden auch vermittelte, den Deportationsplan im Bundesvorstand der AfD vorzustellen. 

 Die nüchterne Aufzählung der Berufe und die klaren Schilderungen aus dem Geheimtreffen machen klar, dass Rechtsextremismus längst mitten unter uns angekommen ist. Und wenn von manchen politischen Entscheider*innen immer noch der vermeintlich relativierende Zungenschlag zu hören ist, in dem man rechtsextrem immer nur mit linksextrem in einer Einheit ansprechen darf, ist die Gegenwart bei diesen noch nicht wirklich angekommen.  

 Zukunft  

Während sich also die Rechtsextremisten im Geheimen trafen, wurde in der bundesdeutschen Öffentlichkeit ein ganz anderes Thema diskutiert: wie kann nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil die 60 Milliarden Euro-Lücke im Bundeshaushalt geschlossen werden? Ja und da wurde ernsthaft alles dafür getan, den Demokratieprojekten, den Initiativen und NGOs, die Aufklärungsarbeit gegen rechts leisten, sowie der mobilen Rechts- und Opferberatung die Finanzierung zu streichen. Aber nicht nur bei Initiativen der Zivilgesellschaft, auch bei der Demokratiearbeit der Bundeszentrale für politische Bildung sollte wegen der gebotenen Einsparungen radikal gekürzt werden. Das war Realität und beschrieb über viele Woche die Zukunft der Aufklärungsarbeit gegen die rechtsextremistischen Demokratiezerstörer in unserem Land. Die Vielen, die jetzt auf den Straßen für Weltoffenheit, Demokratie und Toleranz stehen, machen Mut. Aber der Protest der Zivilgesellschaft reicht nicht aus.  

 Jetzt muss die Politik endlich die Rahmenbedingungen schaffen, um Demokratiearbeit – und ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie nötig sie ist – wirklich auch nachhaltig zu ermöglichen. 

Das sind wir den Opfern aus Auschwitz und allen anderen Mordlagern der Nazis schuldig. Andenken, erinnern, mahnen – und auch endlich handeln. Das ist ihr Vermächtnis, dem wir als Gesellschaft gemeinsam gerecht werden müssen. 

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