Jetzt müssen wir zeigen, was Demokrat*innen können 

Setzen wir uns aktiv für Solidarität und Mitmenschlichkeit ein
Auf der aorange-fabrigen Grafik ist ein großes weißes Ausrufezeiochen zu sehen. Daneben steht: Jetzt müssen wir zeigen, was Demokratinnen können. Unser Vorstandsvorsitzender Peter Ruhenstroth-Bauer ruft uns alle dazu auf, uns trotz der Wahlergebnisse aktiv für Solidarität und Demokratie einzusetzen

Von Peter Ruhenstroth-Bauer 

 Die Ergebnisse der Landtagswahlen sind erschreckend. Aber wir dürfen nicht in Lethargie verfallen. Gerade jetzt müssen wir alle zeigen, was Demokratie, was Demokratinnen und Demokraten können. Wer nach den Landtagswahlen, der Wahlanalyse, den Erstwählerergebnissen oder der Wählerwanderung nur den Kopf schüttelt, hat noch nicht verstanden, was jetzt an erster Stelle stehen muss: Eine fitte Zivilgesellschaft, eine wehrhafte Demokratie und der aktive Einsatz für Humanität, Solidarität und Mitmenschlichkeit. Werte, die die Demokratie, die unser Land ausmachen.   

 Als Gesicht Zeigen! im Jahr 2000 gegründet wurde, sah es nicht gut aus um unsere Zivilgesellschaft: Antisemitische Angriffe oder Ausschreitungen gegen Unterkünfte von Geflüchteten gehörten fast zur Tagesordnung: Lauscha in Thüringen, Guben in Brandenburg, Meiningen und Neuhaus in Thüringen, Ludwigshafen in Rheinland-Pfalz, Wuppertag und Düsseldorf in Nordrhein-Westfalen, Bremen, und Arnstadt in Thüringen – das waren die Orte, die damals durch die Medien gingen. Grund genug für den damaligen Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, den damaligen Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutschland, Paul Spiegel und seinen Vize, Michel Friedman, sowie einer Reihe anderer Vertreter*innen der Zivilgesellschaft, einen Verein zu gründen, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Toleranz, Vielfalt und Demokratie zu unterstützen. Gleichzeitig wusste man, dass Gesicht Zeigen! die Öffentlichkeit erreichen muss, um das Bewusstseins gegen Rassismus, Rechtsextremismus und Gewalt zu stärken. 

 Heute, 24 Jahre nach seiner Gründung, ist die Arbeit von Gesicht Zeigen! wichtiger denn je. Die Demokratie kann offensichtlich auch mit demokratischen Mitteln angegriffen werden. Das liegt auf der Hand, wenn Antidemokraten sich auf die demokratischen Rechte berufen, die sie eigentlich abschaffen wollen. Es ist nicht „nur” die Sprache oder das Austesten von Grenzen des Unsagbaren. Es sind die Maßnahmen im Alltag, die sich in das allgemeine Bewusstsein schleichen und so demokratische Selbstverständlichkeiten in Frage stellen.  

 Ein wichtiger Schlüssel, um sich diesem schleichenden Angriff auf die demokratischen Werte entgegenzustellen, ist die Aufklärungsarbeit von Gesicht Zeigen!  

Und das gilt ganz besonders heute, am Tag nach wichtigen Landtagswahlen, deren Auswirkungen auf die Bundesebene schon am Wahlabend deutlich adressiert wurden.  

 Unabhängig vom Alter, in Schulklassen genauso wie mit Belegschaften von Unternehmen, in Universitäten oder bei Lehrerfortbildungen sind die Teamer*innen von Gesicht Zeigen! unterwegs.

Die drei Beispiele zeigen, was die Arbeit von Gesicht Zeigen! bestimmt:   

 Mobiles Demokratielabor  

Kinder und Jugendliche sollen „Demokratie“ erst einmal lernen dürfen – und zwar möglichst positiv. In dem Projekt „Das mobile Demokratielaborhat der Verein fünf Jahre lang neue Formate entwickelt und in der Praxis in Bayern, Berlin und Brandenburg umgesetzt, die mit spielerischen Methoden und interessanten Angeboten Demokratie erlebbar machen. Dabei geht es um konkrete Fragestellungen aus dem Alltag: Wie gehe ich mit Mobbing um?  Wo kann ich an der Schule mitbestimmen? Zählt meine Meinung? Über 50 verschiedene Spiele, Materialien und Sets sind so entstanden, die zusammengestellt das mobile Demokratielabor ergeben. Gesicht Zeigen! geht an Schulen und erprobt im echten Leben mit den Lehrkräften und Schüler*innen, wie sich Demokratie anfühlt, wie wir sie gestalten können, wo sie auch manchmal anstrengend sein kann. Die innovativen Ideen, Tools und Erfahrungen ermöglichen eine professionelle und nachhaltige Beschäftigung mit demokratischen Grundwerten. 

Unternehmen:  Rechtsextremismus am Arbeitsplatz bekämpfen 

Rechtsextremismus ist eine der größten Bedrohungen – er verletzt Menschen in ihrer Würde und körperlichen Unversehrtheit. Gesicht Zeigen!  bekämpft ihn dort, wo er oft überraschend und unerwartet aufritt – am Arbeitsplatz. Ob in der Kantine, im Büro, am Fließband, in der Chefetage – die Auswirkungen von rechtsextremem Denken und Handeln sind verheerend. An Gesicht Zeigen! wenden sich Firmen, wenn bei ihnen ein rassistischer Vorfall passiert ist und sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen.  

Der Verein berät, hilft bei der Erstellung eines Leitbildes oder gibt interne Fortbildungen. Mit einer speziell entwickelten Toolbox für Wertschätzung und Respekt am Arbeitsplatz führen wir mit Beschäftigten Workshops durch. Eine Studie, die Gesicht Zeigen! initiiert hat, zeigt: über 30% der Beschäftigten haben an ihrem Arbeitsplatz schon einmal rechtsextreme Einstellungen erlebt. Gleichzeitig begrüßen mehr als 77% der Beschäftigten die Verankerung von Themen wie Demokratie und Wertschätzung in der Unternehmensstrategie (Link zur Studie) . 

 Fortbildungen zu Rechtsextremismus und Justiz

War Rassismus das Motiv für eine Straftat? Wann ist welche Aussage eigentlich Volkverhetzung? Welche NS-Symbole sind verboten, und was fällt unter die Meinungsfreiheit? Die Justiz muss sich immer wieder mit Rechtsextremismus beschäftigen. Dafür braucht es spezielle Kenntnisse, die in der juristischen Ausbildung nicht unbedingt auf dem Lehrplan stehen – leider! Gesicht Zeigen! hilft dabei und bietet schon in der juristischen Ausbildung an der Universität, aber auch für Referendar*innen, Staatsanwält*innen oder auch ehrenamtliche Schöff*innen Fortbildungen zu allen Erscheinungsformen des Rechtsextremismus an.

 Die Zivilgesellschaft ist bereit, sich aktiv für Solidarität und Mitmenschlichkeit und unsere Demokratie einzusetzen. Die Politik muss jetzt die Rahmenbedingungen dafür herstellen. 

 Peter Ruhenstroth-Bauer, Vorstandsvorsitzender Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland  

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