Zehntausend zeigen Gesicht gegen Pegida

Deutschland – ein Sommermärchen. Es ist nur ein halbes Jahr her, als unser Land zeigte: Wir können auch anders! Wir spielten gut, waren freundlich, offen, tolerant. Wir wurden Fußballweltmeister. Viele Augen schauten auf uns, 800 Millionen weltweit. Ja, wir konnten uns sehen lassen, mit unserer bunten Elf. Nun, seit Oktober 2014, hat die Herbstdepression Einzug gehalten: PEGIDA. Eigentlich bedeutet das „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“.

Man könnte es aber auch so umschreiben: „Peinlich. Egoistisch. Grauenhaft. Intolerant. Dumm. Archaisch.“ In was für einer Welt leben wir denn? Alle sprechen von Globalisierung.              Von Zuwanderung. Von Integration. Die Kultusministerkonferenz plädiert für Mehrsprachigkeit. Dennoch demonstrieren seit drei Monaten tausende Menschen auf Deutschlands Straßen gegen eine Überfremdung der Gesellschaft. Gegen Islamisierung. Gegen linkes Gedankentum. Für eine Bewahrung „deutscher Identität“. Eine einzelne Meinung wird schnell zur Parole für alle. Der Dresdner Lutz Bachmann hat sie ausgerufen, und nun brüllen viele mit. Gutverdienende, die sich über die Zukunft sorgen. Beleidigte, die sich ausgeschlossen fühlen. Finanziell und sozial schwach Gestellte mit einem geringen Selbstbewusstsein. Sie alle eint die Angst vor dem Fremden. Sie sprechen sich gegen eine Religion aus und sind dabei selbst nur ein gottloser Kreuzzug. Dügida in Düsseldorf, Legida in Leipzig, Kögida in Köln. Und nun auch noch Bärgida in Berlin. Wie originell! Aber: Wer von den beteiligten Demonstranten fängt endlich mal an, selbstständig zu denken? Oder anders ausgedrückt: Who the fuck is Lutz Bachmann?

BM Maas, NoBaergida Demo(Auf dem Bild rechts Geschäftsführerin Sophia Oppermann zusammen mit Bundesjustizminister Heiko Maas bei der Anti-Baergida Demo in Berlin)

 
Gestern Abend nun ein anderes Stimmungsbild. In Köln gingen die Lichter des Doms aus. In Berlin wehten türkische Fahnen. Zehntausend Pegida-Gegner gingen deutschlandweit auf die Straße. „Bärgida tritt auf der Stelle“ titelte eine Berliner Tageszeitung. Denn die 300 Menschen, die sich zu einem Marsch des Berliner Ablegers der Pegida versammelt hatten, kamen einfach nicht vom Fleck. Tausende Gegendemonstranten hinderten sie daran – darunter auch das Team von Gesicht Zeigen! Und so muss man an Deutschland und seine Einwohner glauben können. Wie an den Titel einer Fußballweltmeisterschaft.