Rechtsradikalismus- Anmerkungen zur aktuellen Debatte

Pressemitteilung

Berlin, 16.11.2011
Quasi stündlich gibt es neue Spuren und Vermutungen, die auf Verstrickungen zwischen dem Verfassungsschutz und den Rechtsterroristen hinweisen, doch es geht nicht nur um eine Verfassungsschutz-Affäre.

Gesicht Zeigen! möchte die aktuelle Debatte mit folgenden Anmerkungen anreichern:
Wir arbeiten seit über einem Jahrzehnt bundesweit präventiv gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Seitdem müssen wir immer wieder erleben,

•    dass das Problem verharmlost wir: Es wird von Jugendgewalt gesprochen statt von rechter Gewalt, von allgemein gewalttätigen statt von rassistisch motivierten Übergriffen
•    dass Opfer rechter Gewalt alleine gelassen werden mit ihren Erfahrungen und keine gesellschaftliche Solidarität erfahren
•    dass die Zivilgesellschaft, die sich aktiv gegen Rechtsextremismus engagiert, wenig Unterstützung erfährt oder als auf dem linken Auge blind oder gar linksextrem diffamiert wird
•    dass Kundgebungen gegen rechtsextreme Aufmärsche behindert werden, die Gegendemonstranten kriminalisiert werden – so bei der Sitzblockade in Berlin im Mai 2010 oder in Dresden im Februar 2011
•    dass die staatlichen Mittel gegen Rechtsextremismus ständig gekürzt werden, Projekte nicht finanziert sind und dadurch eine nachhaltige Arbeit unmöglich gemacht wird
•    dass Vielfalt gern gefordert wird – auch von offizieller Politik – jedoch gesellschaftlich nicht gelebt wird: nicht in den Medien, nicht in der Politik und offenbar schon gar nicht bei Polizei oder Verfassungsschutz
•    dass auch auf den Internet-Seiten seriöser Zeitungen unter Meldungen massenhaft rassistische und antisemitische Kommentare veröffentlicht werden – meist ohne Gegenrede
•    dass gerade Initiativen mit langjähriger Erfahrung viel zu selten gehört und ihre Erkenntnisse nicht genutzt werden
•    dass die gesamtgesellschaftliche Aufmerksamkeit für das Thema immer nur dann sehr hoch ist, wenn wieder was Schlimmes passiert ist.

Jetzt ist auf einmal allen klar – nicht nur uns: Es wurde zu lange abgewiegelt oder verharmlost. Es fehlt an nachhaltiger und intensiver Auseinandersetzung! Es muss Schluss sein mit dem Wegschauen, Rechtsextremismus ist ein ernstes Problem. Das wird auch nicht durch ein NPD-Verbot gelöst. Wir brauchen langfristige und nachhaltige Strategien, eine gesicherte Finanzierung der Arbeit gegen Rechtsextremismus – dazu gehört die Sicherung erfolgreicher Projekte mit Aufklärung und Bildung. Wir brauchen eine Politik, die über bloßen Aktionismus hinausgeht – für ein weltoffenes und demokratisches Deutschland!

Und eine Frage hätten wir auch noch:
Für welche Verfassung arbeitet ein Verfassungsschützer, in dessen Wohnung man Auszüge aus „Mein Kampf“ findet und der in seiner Umgebung „kleiner Adolf“ genannt wird?

Für Rückfragen: Rebecca Weis / Gesicht Zeigen! 030 – 3030 808 12