Berlin, den 19.06.2025
Zum Weltflüchtlingstag ruft Gesicht Zeigen! die Bundesregierung auf, Recht und Gesetz auch in der Migrations- und Asylpolitik zu achten. „Wenn die Regierung ein Gerichtsurteil ignoriert, stellt sie den Rechtsstaat in Frage“, sagt der Vorstandsvorsitzende Peter Ruhenstroth-Bauer. „Auch wenn sich eine Gerichtsentscheidung auf Einzelfälle bezieht, hat die Kammer des Berliner Verwaltungsgericht bestätigt, was Expert*innen schon lange sagen: Die Zurückweisung von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen ist rechtswidrig.“
„Anstatt das anzuerkennen und die Politik anzupassen, reduzieren Verfassungsminister Dobrindt und Bundeskanzler Merz das in diesem Fall von der gesamten Kammer des Verwaltungsgerichts begründete Gerichtsurteil auf die Einzelfallentscheidung”, so Ruhenstroth-Bauer. „Zurückweisungen Asylsuchender an der Grenze verstoßen gegen EU-Recht und die Menschenrechte. Sie sind rechtlich problematisch und vor allem unmenschlich.” Minister Dobrindt hat angekündigt, eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zu akzeptieren. Natürlich weiß er, dass es nicht nur höchst unwahrscheinlich ist, dass der Gerichtshof überhaupt in dem Fall urteilen wird, sondern dass es Jahre dauern kann, wenn es dazu kommen sollte.
Der Bundesinnenminister muss über die Einhaltung der Verfassung wachen, und damit über die Gewaltenteilung. Die untergräbt er aber, indem er das unanfechtbare Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts ignoriert. Gesicht Zeigen! erwartet von der Bundesregierung, dass sie sich an Recht und Gesetz hält. Europarecht, so auch das Berliner Verwaltungsgericht, hat eindeutigen Vorrang. Ein Rechtsstaat kann nur funktionieren, wenn sich seine Repräsentant*innen und Akteur*innen an die rechtlichen Regeln halten.
„Wir sehen mit zunehmender Sorge, wie das Recht von der Politik für einen kurzfristigen Popularitätsgewinn aufs Spiel gesetzt wird”, sagt Ruhenstroth-Bauer. „So stärkt man nicht die Demokratie, sondern macht sich zum Steigbügelhalter derer, die den Rechtsstaat aushöhlen wollen.” Wie stark unser demokratisches System schon angegriffen ist, zeigen die Anfeindungen und Bedrohungen gegen die Berliner Richter*innen, die das Urteil gesprochen haben. Auch diese Bedrohungen treffen mitten in das Herz des Rechtsstaates.
Die Bundesregierung muss dringend klarstellen, dass rechtsstaatliche Prinzipien weiter die Leitlinien ihres Handelns sind. Auch die EU-Kommission darf nicht weiter zuschauen, wie Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, das EU-Recht missachten.
Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V. ermutigt Menschen, aktiv zu werden gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit sowie gegen rechtsextreme Gewalt. Gesicht Zeigen! greift in politische Debatten ein, initiiert Kampagnen und entwickelt innovative Projekte, die Vorurteile abbauen und das demokratische Miteinander fördern.
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