Holocaustverharmlosung bei Querdenker*innen

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Seit vielen Monaten müssen wir nun schon wöchentlich, manchmal täglich die unsäglichen Schilder und Sprüche von Querdenker*innen ertragen. Den Bildern von empörten Deutschen, die mit gelben Sternen und „Ungeimpfte sind die neuen Juden“ Aufschriften durch die Innenstädte ziehen, ist kaum zu entkommen. Freilich war von Anfang an auch die Kritik daran laut und präsent. Jüdische und andere zivilgesellschaftliche Organisationen benannten die Aktionen als das, was sie sind: Holocaustrelativierung, Täter-Opfer-Umkehr, Geschichtsvergessenheit. Kurzum, sekundärer Antisemitismus, wie er im Buche steht.  

Die deutsche Justiz hingegen konnte nichts dergleichen erkennen. Viele Gerichte urteilten, dass eine Verurteilung wegen Volksverhetzung nicht möglich sei, weil es sich nicht um Holocaustrelativierung handele. Der Grund: Die gelben Sterne mit den „ungeimpft“-Aufnähern bezögen sich ja nicht auf den Holocaust, sondern „nur“ auf die Entrechtung, also die vielen diskriminierenden und schikanierenden Gesetze, die Jüdinnen und Juden vor der Deportation in die Konzentrationslager erdulden mussten. Dass diese schrittweise Entrechtung mit der Machtübernahme 1933 und den ersten Erlassen gegen jüdische Beamte begann, sich ab 1941 deutlich verschärfte und schließlich im Massenmord endete und deshalb als nicht losgelöst vom Holocaust betrachtet werden kann, ist in der Geschichtswissenschaft unumstritten. Die deutsche Justiz sah das anders. Sie ließ offenen Antisemitismus wieder einmal ungestraft.  

Doch nach wegweisenden Urteilen aus Bayern kann sich das endlich ändern. Das Bayerische Oberste Landesgericht und das Landgericht Augsburg urteilten kürzlich, dass die Entrechtung nun doch nicht mehr losgelöst vom Holocaust betrachtet werden könne und das Tragen eines gelben Sterns deshalb sehr wohl als Holocaustrelativierung ausgelegt und als Volksverhetzung geahndet werden kann. Die beiden Entscheidungen sind lange überfällig und können richtungsweisend werden.  

Es ist ein wichtiges Signal an die Adresse der Querdenker*innen, Impfverweiger*innen und rechten Hetzer*innen, dass sie mit ihrer unsäglichen Verharmlosung der Naziverbrechen und ihrer Verhöhnung der jüdischen Opfer nicht mehr straffrei davonkommen. Die massenhafte Holocaustverharmlosung, die nun juristisch bestätigt wurde, zeigt deutlich, wie antisemitisch und revisionistisch die Querdenker*innen sind, und dass es ihnen nicht, wie oft behauptet wird, nur um Protest geht. Gerade im Zuge ihrer fortschreitenden Radikalisierung mit einem hohen Gewaltpotenzial sind die Gerichtsentscheidungen auch ein deutliches Zeichen an die Politik, endlich einen klaren Umgang mit dieser rechten Bewegung zu finden.


Ein Kommentar von den Referent*innen von United! Gemeinsam gegen Rechtsextremismus. United! arbeitet unter anderem zum Themenkomplex Rechtsextremismus und Justiz. In wenigen Wochen erscheint das neue Heft unserer Schriftenreihe über „Rechtsextreme im Justizsystem“.