Von Rebecca Weis
Dirk Neubauer ist zurückgetreten. Der Landrat von Mittelsachsen ist ein engagierter Demokrat und Politiker. Jetzt gibt es Entsetzen, Ratlosigkeit und Empörung. Das ist zu wenig und zu spät.
Neubauer wurde von Rechtsextremen bedroht und musste daher umziehen. In einer auf seinen Social-Media-Kanälen verbreiteten Erklärung sagte er: „Man kann mich beschimpfen, aber nicht bedrohen und Lügen verbreiten. Man ist als Mandatsträger zum Freiwild geworden.“
Doch nicht diese Gefährdungslage war der Hauptgrund für seinen Entschluss, der Politik den Rücken zu kehren. Sondern er fühlte sich allein gelassen. „Es ist zu spüren, dass es keinen wirklichen Gestaltungswillen in der Region gibt“, sagte der Landrat. Allein gelassen nicht nur im Kreistag, wo die CDU sich der Sacharbeit verweigerte und immer wieder mit der AfD stimmte.
Brandmauer geht anders! Gerade in Sachsen, wo am 1. September ein neuer Landtag gewählt wird, wäre das Zusammenstehen aller demokratischen Kräfte auch auf kommunaler Ebene dringend vonnöten.
Neubauer, der auf Demonstrationen gegen Rechtsextremismus auftrat, zeigte sich in seiner Abschiedsrede auch enttäuscht von der schweigenden Mehrheit. „Ich gebe auf, weil mir da draußen zu viele den Mund halten. Wo ist diese Mehrheit, die es braucht? Wo sind die Menschen, die auf die Straße gehen?“ Zu wenige Bürger*innen nutzten die Möglichkeit, sich zu beteiligen und zum Beispiel digitale Anfragen an den Kreistag zu stellen.
Und nun?
Was folgt für uns Demokrat*innen daraus: Wir dürfen gerade Kommunalpolitiker*innen nicht allein lassen, wenn sie Anfeindungen, Drohungen, Hass und Hetze erleben. Und es reicht nicht aus, wenn wir unter Demokratie verstehen, gelegentlich ein Kreuz auf dem Wahlschein zu machen. Ja, zur Wahl zu gehen, ist extrem wichtig! Doch Demokratie lebt von gesellschaftlichem Engagement und Mitarbeit der Bürger*innen. Wir alle müssen ein Teil der Brandmauer sein – damit sie hält!
Der Rücktritt Neubauers ist menschlich nachvollziehbar, wie so viele Rückzüge bedrohter Kommunalpolitiker*innen. Aber jeder Rücktritt aus diesem Grund ist ein großer Verlust für die Demokratie, und wenn die Demokratie verliert, verlieren wir alle!
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