Im elften Jahr nach Selbstenttarnung des sogenannten NSU stellt die Bundesanwaltschaft am 14. September 2022 die Ermittlungen gegen fünf Verdächtige mangels Tatverdacht ein. Bis die vier letzten noch laufenden Ermittlungsverfahren eingestellt werden, scheint es nur noch eine Frage der Zeit.
Zehn Tote in elf Jahren – neun Menschen mit griechischer, türkischer und kurdischer Herkunft – das ist die traurige Bilanz des „NSU“. Jahrelang wurde den Opfern mit Migrationshintergrund eine Verwicklung in die Machenschaften der organisierten Kriminalität unterstellt – gleichzeitig schlossen die Beamten einen rechtsextremen Hintergrund der Taten aus.
Die Verbrechen des „NSU“ enden im Jahr 2011: Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos werden tot in einem ausgebrannten Wohnmobil aufgefunden, vier Tage später stellt sich Beate Zschäpe der Polizei.
Der größte politische Strafprozess nach der Wiedervereinigung bemühte sich um Aufklärung. Nach fünf Jahren und insgesamt 438 Verhandlungstagen, bei denen mehr als 700 Zeugen gehört wurden, wurde das Urteil verkündet. Doch die Frage bleibt: Welche Rolle spielt der Staat in diesem Verbrechenskomplex? Es ist ein deutsches Verbrechen, dessen lückenlose Aufklärung kaum möglich scheint. Es ist neue deutsche Zeitgeschichte! Was wäre gewesen, wenn die Opfer deutsche Namen gehabt
hätten und die Täter nichtdeutsche?
Tuğsal Moğul versammelt nach intensiver 9-monatiger Recherche reine Fakten und Aussagen, Polizeimeldungen und Politikerstatements zu der NSU-Mordserie im Besonderen und zu rechter Gewalt im Allgemeinen. Aber in dieser Konzentration entwickelt das Bekannte eine extreme Wirkung. Es lässt sich nicht mehr Verdrängen und Verharmlosen. Das Ensemble, das mal CSI und mal Märchenstunde spielt, muss das Publikum gar nicht beschimpfen. Die Ereignisse, die sie referieren, sprechen für sich und sind immer auch mit einer Frage an uns alle verbunden. Wie konnte es soweit kommen und welchen Anteil hat jeder einzelne daran?
Das Kompetenznetzwerk Rechtsextremismusprävention zeigt das Stück im Rahmen der Tagung „Angriff von rechts: Demokratiefeindlichkeit und die extreme Rechte“. Im Anschluss gibt es ein Gespräch zwischen Aylin Esener, Schauspielerin und Aktivistin und Massimo Perinelli, Referent für Migration bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Zeit: 06. Oktober 2022, 20:00 Uhr
Ort: bUm, Paul-Lincke-Ufer 21, 10999 Berlin
Aufgrund der hohen Nachfrage ist die Anmeldung geschlossen. Falls Sie Interesse an einer Teilnahme haben, kontaktieren sie uns gerne unter united@gesichtzeigen.de und wir bemühen nach Möglichkeit eine Lösung zu finden. Bei allen Rückfragen rund um die Tagung können Sie uns gerne eine E-Mail schreiben an: united@gesichtzeigen.de.
ÜBER DIE BÜHNE FÜR MENSCHENRECHTE: Die Bühne für Menschenrechte erzählt seit 2008 durch dokumentarisches Theater die Geschichten von Menschen, deren Menschenrechte verletzt wurden. Wir erzählen diese Geschichten, um ein Bewusstsein für verschiedene Formen von Diskriminierung in unserer Gesellschaft zu schaffen. Nach einer Neusortierung im Jahr 2020 haben wir uns künstlerisch wie personell erweitert und arbeiten als Kollektiv auf demokratischer Augenhöhe miteinander. Aufführungsrechte beim Rowohlt Theater Verlag, Hamburg. „AUCH DEUTSCHE UNTER DEN OPFERN. Ein Rechercheprojekt zum NSU von Tuğsal Moğul“ ist als E-Book im Rowohlt Verlag erschienen.
Hinweis: Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.